— 504 —
Satz entsprechende Anwendung auf „Handlungen“, wenn sie gesetzlich ge-
bunden sind und nicht nach freiem Ermessen ergehen. Eine heute vorge-
nommene Verhaftung oder Exekution kann nicht morgen gesetzwidrig
und übermorgen gesetzmässig gewesen sein. Darum ist auch die Behaup-
tung unrichtig, dass „Handlungen“ grundsätzlich nur der Zurücknahme,
nicht der Vernichtung unterliegen (S. 147). Dies bedarf wohl keiner
näheren Ausführung. Das S. 147 herangezogene Beispiel des $ 309 HGB.
beweist nichts. Allerdings bleiben die Rechtsgeschäfte einer nach $ 309
HGB. nichtig erklärten Aktiengesellschaft gegenüber Dritten wirksam
($ 311 Abs. 2 HGB.). Allein dies ist in dem öffentlichen Glauben, den die
Eintragungen ins Handelsregister geniessen, begründet. Infolge der Ver-
nichtung ist die Gesellschaft so zu betrachten, als hätte sie nie existiert,
und nur Dritten gegenüber gilt das Gegenteil. Es liegt somit echte
Nichtigkeit vor, die sogar einredeweise geltend gemacht werden kann
(Denkschrift zu dem Entwurf eines Handelsgesetzbuchs, S. 184).
In zweiter Linie hätte der Autor bei seiner Einteilung der staatlichen
Tätigkeitsäusserungen den Umstand berücksichtigen müssen, ob ein Akt
in materielle Rechtskraft erwächst oder nicht. Den
Mangel dieser Unterscheidung hat auch schon LAYER in seiner kurzen Be-
sprechung des Buches in GRÜNHUTS Zeitschrift XXX VI, 416, hervorgehoben.
Dass die Rechtskraft für die Wirkung der Fehler des Aktes von ausschlag-
gebender Bedeutung ist, bedarf wohl keiner näheren Ausführung. Den-
noch erfahren wir darüber zu unserer Enttäuschung fast gar nichts. Wir
hören nur immer vom rechtskräftigen „Urteil“. Da aber der Verfasser das
Wort Urteil doch im Sinne der Psychologie bezw. Logik und nicht im for-
mell-prozessualen Sinne gebraucht, so vermissen wir eine Gegenüberstel-
lung und Abgrenzung nicht rechtskraftfähiger „Urteile“. Wir wissen da-
her z. B. auch nicht, ob „Zweckmässigkeitsurteile“, die in der Form des
Verwaltungsstreitverfahrens ergehen (vgl. u. a. GEORG MEYER, Lehrbuch
des Deutschen Staatsrechtes, 6. Aufl., 672, Anm. 11, 675, Anm. 27, OTTO
MAYER, Deutsches Verwaltungsrecht, I, 168, Anm. 14 usw.), dieselbe Wider-
standskraft gegen ihre Vernichtung besitzen wie rechtliche Urteile, ferner
ob und wann die rechtlichen Entscheidungen einer Verwaltungsbehörde
denen eines Gerichtes gleichzuhalten sind usw. Uebrigens bekennt sich
der Verfasser zu einer kaum haltbaren Auffassung der Rechtskraft. S. 52
wird behauptet, die Rechtskraftwirkung eines verwaltungsgerichtlichen Er-
kenntnisses erstrecke sich nur auf den konkreten Anlass (hier den An-
trag auf Gestaltung des Schankgewerbes), nicht auf das Rechtsverhältnis
als solches (hier den Anspruch auf Gestaltung des Schankgewerbes).
Diese Ansicht hat schon BERNATZIK, Rechtsprechung und materielle
Rechtskraft, 169, als unzutreffend gekennzeichnet. Es ist klar, dass eine
solche Rechtskraft keine Rechtskraft wäre. Ebenso müsste der Autor be-
haupten, dass ein gerichtliches Urteil nur über die konkrete Klage Recht