Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 25 (25)

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16. Wirklich anders zu beurteilen sind allein die beiden 
Konventionen mit Italien von 1871 und mit Griechenland 
von 1907, die in einfacher französischer Ausfertigung vor- 
liegen. Weder die deutsche Denkschrift, die dem Reichstag zu 
dem italienischen Vertrage vorgelegt wurde, noch dessen 
Beratungen berühren mit einem Wort den bedeutsamen Umstand, 
dass die Vereinbarung französisch, und zwar ausschliesslich fran- 
zösisch, beurkundet war. Man wird nicht fehl gehen, wenn man 
annimmt, dass bei diesem ersten, vom Deutschen Reich abge- 
schlossenen Auslieferungsvertrag eine Reminiszenz vergangener 
Tage aufgetaucht ist, wo es auch unter den europäischen Staaten 
üblich war, Vereinbarungen französisch oder jedenfalls auch 
französisch festzulegen, selbst wenn Frankreich oder ein franzö- 
sisch redendes Land an dem Vertragsabschluss nicht beteiligt 
war. Dies Verfahren war unschädlich, vielleicht sogar nützlich, 
solange nicht solch spezifisch nationale Gegenstände in Frage 
standen, wie die Rechtsbegriffe aus den Strafgesetzbüchern, mit 
denen es die Auslieferungsverträge zu tun haben. Man kann 
aber nicht einmal sagen, dass es zu Beginn der 1870er Jahre sonst 
noch gebräuchlich gewesen sei, internationale Verträge durchaus 
französisch abzuschliessen. Wohl pflegt man sich auch heute 
noch auf ein oder zwei Sprachen zu einigen — und dann den 
bestehenden Traditionen gemäss in erster Linie auf die fran- 
zösische #8, obschon man zeitgemäss die englische wählen sollte —, 
sobald es sich um Vereinbarungen unter einer grösseren Zahl 
#8 vw, MARTITZ, Völkerrecht S. 461: „Als Geschäftssprache [der Di- 
plomaten] wurde seit dem Uebergewichte der französischen Kultur an Stelle 
.der überkommenen lateinischen die französische angenommen“; PHILIPP 
ZORN, die Algeciras-Akte vor dem Reichstag 1907. In der deutschen Ju- 
ristenzeitung Bd. 12 Spalte 90: „Es mag dahin gestellt bleiben, ob man 
im "allgemeinen heute noch sagen kann, dass die französische Sprache, die 
Sprache der Diplomatie sei; richtig wird m. E. nur sein, zu sagen: Die 
französische Sprache ist die subsidiäre Hilfssprache des internationalen 
Verkehrs“,
	        
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