— 539 —
allerdings der Grund hierfür deutlich erkennbar. Er liegt in
politischem Misstrauen und politischer Abneigung gegen die
Ziele, die nach LABANnDs Meinung mit dem kritisierten Entwurf
verfolgt werden. In Betätigung dieser Stimmung oder Miss-
stimmung überschreitet der Kritiker vielfach die Grenze der
juristischen Erörterung, um sich auf das Gebiet der Verkehrs-
politik und der wirtschaftlichen Interessen zu begeben. Die
Antikritik macht an jener Grenze halt. Sie begnügt sich mit
dem Hinweise darauf, dass die wirtschaftlichen Fragen dem
Rechtslehrer doch ziemlich fern zu liegen scheinen. Sonst würde
er kaum eine Gefahr für Württemberg darin erblicken, dass
es in dem rheinischen Zweckverband „hineingezwungen“ werden
könnte. Die Versicherungen der Entwurfsbegründung, man wolle
die Entwicklung des Wasserstrassennetzes auf genossenschaftlich-
nationaler Grundlage ohne Unterscheidung partikularer Sonder-
interessen fördern, hält LABAnD für unglaubwürdig und nicht
aufrichtig. Nach seiner Ueberzeugung handelt es sich in Wahr-
heit um die Verwirklichung verkehrsfeindlicher Bestrebungen
und um die Begründung der Alleinherrschaft Preussens — oder
gar eines einzelnen preussischen Ministeriums — auf dem Ge-
biete des Wasserstrassenwesens zum Nutz und Frommen der
Staatseisenbahnfinanzen. Wie eine solche Verkehrspolitik durch-
führbar sein soll unter einem Rechtszustande, der die Bildung
des Kernes der Zweckverbände von freier Vertragsschliessung,
insbesondere auch von der Verständigung über Bauprogramme
und Tarife abhängig macht, und hiermit den oberliegenden, die
langen Schiffahrtswege zum Meere benutzenden Staaten einen
sehr bedeutenden Einfluss ermöglicht, das hat LABANnD vielleicht
sich selber, keinesfalls dem Leser klar gemacht.
Die hier zu Tage tretende Beeinflussung der Kritik durch
Misstrauen ist zu bedauern, aber nicht zu ändern und im
öffentlichen Leben bekanntlich eine häufige Erscheinung. Mög-
licherweise hat auch LABAND schon die Erfahrung machen