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den Eindruck bekommen muss, es handle sich um einen un-
streitigen, allgemeingültigen Gedanken, den man grade an die-
ser Stelle heranzuziehen Anlass habe. In diesem Sinne findet
sich auch die Mutualität zur Begründung von auffallenden Fas-
sungen der auslieferungspflichtigen Tatbestände wiederholt be-
nutzt, dann aber in längerer Ausführung prinzipiell verwer-
tet. Solche allgemeinen Erörterungen enthalten namentlich die
Denkschriften zu dem belgischen und niederländischen
Vertrage, die in einem gewissen Gegensatz zueinander stehen, aber
beide charakteristischerweise von der Gegenseitigkeit als dem
zu erstrebenden Ziele sprechen und nur über den Weg un-
eins sind, auf dem das Ziel am einfachsten erreicht werden
könnte.
17. In der Denkschrift zudem deutsch-belgischen
Vertrage heisst es5®: „Bei den Begriffsbestimmungen der ein-
zelnen strafbaren Handlungen ist man bestrebt gewesen, eine
Fassung zu wählen, welche —entsprechend dem Grund-
satze vollkommener Reziprozität — die in den
beiden Gesetzgebungen enthaltenen Merkmale der betreffenden
strafbaren Handlungen gleichmässig enthält .... Bei einzelnen
Verbrechen und Vergehen, deren Tatbestand sich nach den bei-
derseitigen Gesetzgebungen nicht vollkommen deckt, stiess frei-
lich eine vollkommen erschöpfende gleichlautende Begrenzung
des Tatbestandes ... auf so erhebliche formale Schwierigkeiten,
dass es nicht zu vermeiden war, bei einzelnen Begriffsbestim-
mungen den Zusatz anzufügen: insofern die Handlung in der
5 Vergl. nur beispielsweise die Denkschrift zu dem Vertrage mit Ita-
lien von 1871 (Stenographische Berichte über die Verhandlungen des deut-
schen Reichstags, 1. Legislaturperiode, II. Session 1871, Bd. 2, Aktenstück
Nr. 48 der Anlagen, S. 128), zu Art. 1 Ziffer 9. Der Wortlaut ist unten
Ziffer 21 mitgeteilt.
55 Stenograpbische Berichte über die Verhandlungen des deutschen
Reichstags 2. Legislaturperiode, II. Session 1874/5, Bd. 4, Aktenstück Nr.
154 der Anlagen, $. 1068.