Object: Deutsches Kolonialblatt. XII. Jahrgang, 1901. (12)

vor Molei auf der Insel Uela (einer der Rukinseln), 
der Station des Händlers Karl Giron, zu Anker 
gegangen. Bei der Durchführung der gestellten Auf- 
gabe waren die Ortskenntniß des Hafenmeisters 
Martens und der Einfluß des Nanpei bei den Ein- 
geborenen von dem größten Werthe. Es erschien 
wünschenswerth, den letzteren gegenüber von den 
Wafsfen nur im äußersten Nothfalle Gebrauch zu 
machen. Den Schuldigen wurde daher versprochen, 
sie sollten im Falle einer freiwilligen Gestellung mit 
ihren Familien nur der Wegführung verfallen. 
Noch am 5. Januar konnte mit einem Theile 
der weißen Ansiedler und den Missionaren, sowie 
den beiden feindlichen Parteien der Eingeborenen 
auf Uela in Unterhandlung getreten werden. Ferner 
wurden nach Durchsuchung der japanischen Central-= 
station in Iras auf Uela sechs japanische Händler 
an Bord gebracht und einige ihrer Waaren (Waffen, 
Schießbedarf, Dynamit, alkoholhaltige Getränke), be- 
schlagnahmt. Ebenso wurde Melemel, einer der 
schuldigen Eingeborenen, aus seinem Dorfe abgeholt. 
Am 6. Januar wurde zwischen Fefen und Toluas 
geankert, wo das Schiff auch am 7. noch liegen 
blieb. Die japanischen Händlerstationen auf beiden 
Inseln und auf Udot wurden einer genauen Unter- 
suchung unterzogen, ihre Eigenthümer festgenommen. 
Die beiden schuldigen Eingeborenen John und 
Nenimun wurden aus ihren Orten abgeholt. 
Am 8. ankerte das Schiff zunächst vor Udot, 
dann an der Südküste von Tol. Die Inseln Udot, 
Eot, Fanabäges wurden besucht, die dort befindlichen 
Handelsstationen einer Durchsuchung unterworfen. 
Zur Erledigung der schwebenden Geschäfte auf Tol 
wurde der 8. und theilweise der 9. Januar verwendet. 
Am 9. Januar nachmittags wurde der Haupt- 
niederlassung der Bostoner Mission auf Toluas ein 
Besuch abgestattet. 
Am 10. Januar führte in Uela die Durchsuchung 
der Handelsstation Matitu zur Verhaftung des 
Chinesen Li Ah Hing. Vor Molei, dem ersten 
Ankerplatze, fand sodann die Untersuchung gegen die 
japanischen Händler ihren Abschluß. Schließlich 
wurde noch die Insel Param zur Mitnahme eines 
widersetzlichen weißen Händlers angelaufen und so- 
dann die Heimreise angetreten. Am 12. Jannar 
vormittags ging das Kriegsschiff im Hafen von 
Langer wieder zu Anker. Das Ergebniß der an- 
gestrengten Kreuzfahrt in der Lagune von Ruk ist: 
1. Die Erledigung einer Reihe von Land- 
streitigkeiten und Schadensersatzansprüchen. Im Be- 
sonderen wurde auch der Streit zwischen Alfred 
Snelling, einem früheren Mitglied der Bostoner 
Mission, und dieser selbst, vertreten durch den 
Missionar Martin Luther Stimson, zu Ende gebracht, 
soweit er einer gerichtlichen Austragung bedurfte. 
2. Die japanischen Händler wurden des Ver- 
gehens des Waffenhandels mit den Eingeborenen 
überführt. Sieben der Leute habe ich sosort nach 
Ponape mit überführt, fünf Mann wurden zurück- 
gelassen und mit der Abwickelung der Geschäfte 
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betraut. Mit der ersten Gelegenheit werden auch 
diese nach Ponape abgeholt und nach ihrer Ab- 
urtheilung ausgewiesen werden. 
3. Die Ueberführung der drei Hauptschuldigen 
an den aus Anlaß der jüngsten Fehden unter den Ein- 
geborenen verübten Morden nach Ponape. Die Leute 
wagten ihrer Abholung keinen Widerstand entgegen- 
zusetzen, so daß die Waffen nur gezeigt, aber nirgends 
gebraucht werden mußten. Dieser günstige Erfolg 
bei den Eingeborenen ist vielfach das Verdienst des 
Henry Nanpei, der seinen Einfluß zur Durchführung 
der Aufgabe willig zur Verfügung stellte. Die 
wichtigsten Eingeborenen-Niederlassungen wurden über- 
dies überall von Herrn Korvettenkapitän Grapow 
und mir gemeinschaftlich besucht, die Leute stets in 
eingehender Weise über ihre Pflichten der Behörde 
gegenüber belehrt. Andererseits bahnte sich auch 
stets ein Verkehr vom Lande nach dem Schiffe an, 
dessen Waffen nach Möglichkeit gezeigt wurden. 
Zwei auf die Berge von Toluas zur Probe ab- 
gefeuerte Granaten bewirkten den Friedensschluß der 
streitenden Parteien auf Udot und Eot. 
4. Eine genauere Kenntniß der Inseln. Das 
vorhandene Kartenmaterial giebt ein deutliches Bild 
der Gruppe, von einzelnen Unrichtigkeiten abgesehen 
(vergl. Langhans' Karte der Karolinen, Palau und 
Marianen-Insel, J. Perthes, 1899). 
In wirthschaftlicher Hinsicht läßt sich Folgendes 
kurz hervorheben: Den werthvollsten Theil des 
Atolls bilden die flachen Inseln mit korallinischer 
Bildung. Sie sind meist gut mit Kokospalmen 
bestockt, deren Früchte wegen ihrer Größe und Oel- 
haltigkeit berühmt sind. Die Berginseln bestehen 
sämmtlich aus einem korallinischen Strandgürtel, 
auf dem sich jung vulkanisches Gestein, Basalt, in 
steilem Anstiege, oft in grotesken Formen aufbaut. 
Eine spätere genaue Untersuchung wird ergeben, 
inwieweit sich dies Gelände für Pflanzungszwecke 
oder Viehzucht eignet. Auf Uela befinden sich Schafe 
und Rinder, auf Toluas Ziegen und Rinder; sämmt- 
liche Thiere gedeihen sehr gut. Zunächst verdient 
jedenfalls die Anpflanzung der Kokospalme in dem 
korallinischen Gebiete die größte Aufmerksamkeit, sie 
kann noch weit gefördert werden, so daß nach meiner 
Schätzung das Atoll in Zukunft wohl im Stande 
ist, jährlich 2000 Tonnen Kopra zu liefern. Die 
Steinnuß (Elfenbeinnuß) gedeiht stellenweise gut. 
Die Trepangfelder innerhalb des Barriere-Riffes 
sind abgesischt, dagegen soll der Fang auf dem 
Außenriffe noch gute Erträgnisse liefern. An werth- 
vollen Muscheln sah ich die orangefarbige Kauri 
und schwarze Perlmuttermuscheln. 
5. Die Eingeborenen sind wohl prämalaiischen 
Ursprungs. Den Geräthen und Sitten nach zu 
schließen, müssen starke melanesische Mischungen statt- 
gefunden haben, während die Kunst der Weberei und 
die Sprache auf polhnesische Beeinflussung hinweisen. 
Die in der Nähe der Missionen auf Uela und Toluas 
wohnenden Sippen fangen an, neuer Lebensweise sich 
zuzuwenden. Im Uebrigen aber erfreuen sich die 
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