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Der Begriff des Reservatrechts im Sinne der
Verfassung des Deutschen Reiches.
Von
Dr. OTTO NIRRNHEIM.
In Artikel 78 Abs. 2 spricht die Reichsverfassung von be-
stimmten Rechten einzelner Bundesstaaten in deren Verhältnis
zur Gesamtheit und ordnet an, dass die Vorschriften, durch
welche diese Rechte festgestellt sind, nur mit Zustimmung des
berechtigten Bundesstaates abgeändert werden können. Durch
diese Bestimmung ist offensichtlich eine Gruppe stark bevorzugter
Rechte einzelner Gliedstaaten geschaffen. Da abgesehen von
obigem Satze weitere positive Vorschriften in der Verfassung
fehlen, die festsetzen, welche Rechte hierunter zu verstehen sind,
so lag es nahe, dass die Wissenschaft sich dieser Frage bemäch-
tigte und den Kreis dieser Rechte zu umgrenzen, sie begrifflich
zu erfassen versuchte. So ist denn die Frage in der staats-
rechtlichen Literatur sehr eingehend behandelt worden, doch ohne
dass bisher trotz zahlreicher und gründlicher Untersuchungen
eine Uebereinstimmung in den Anschauungen über den Begriff
des Reservatrechts erzielt wäre.
Das Problem der vorliegenden Abhandlung liegt also darin,
die begreiflichen Merkmale derjenigen Rechte festzulegen, die
sich im Sinne der Verfassung des Deutschen Reiches als Reser-