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ist jetzt für das Deutsche Reich auch allgemein anerkannt und
aus der Interpretation des Art. 78 al. 1 RV. ohne weiteres zu
folgern **.
Aus diesem Grunde ergibt sich folgerichtig, dass es im Er-
messen des Reiches steht, gewisse staatliche Aufgaben vollständig
für sich in Anspruch zu nehmen. Soweit nun dadurch der Einzel-
staat in seiner Tätigkeit vollkommen ausgeschaltet ist, befindet
er sich dem Reiche gegenüber im passiven Status, d. h. er hat
überhaupt in bezug auf diese Gebiete kein Recht irgendwelcher
Art; er ist in diesen Grenzen überhaupt als Rechtssubjekt be-
seitigt. Beispiele dieser Art für die staatsrechtlichen Verhältnisse
des Deutschen Reiches sind die Marineangelegenheiten, die Post
(allerdings mit wichtigen Ausnahmen) u. a. m. Rechtlich in dem-
selben Zustand, der sich nur faktisch anders darstellt, insofern
als gewisse Funktionen ihm verbleiben, befindet sich der Glied-
staat, der nur den bundesstaatlichen Willen zur Ausführung
bringt, ohne dass er selbst aus eigener Kraft tätig werden könnte.
Ein Beispiel dieser Art ist in Art. 36 RV. zu erblicken, der die
Vorschriften über die Erhebung und Verwaltung der Zölle
festsetzt ®®.
Tritt in diesem Status der Gliedstaat nur als Pflichtsubjekt
auf, dessen Rechte gleich Null sind, so ist doch andererseits
seine Tätigkeit als Rechtssubjekt im Reiche von wesentlich
grösserer Bedeutung. Wir haben oben gesehen, dass es im Wesen
des Bundesstaates liegt, dass seine Tätigkeit sachlich beschränkt
ist. Das Reich hat in der Reichsverfassung in bezug auf die all-
gemein geltenden Verhältnisse ausdrücklich die Schranken seiner
Tätigkeit festgesetzt. Soweit es sich in ihr nicht für kompetent
I, 221 £., Stud. 147 ff.; Brıs 104 fl.; Le Fur a. a. O. 5% fi.; vgl. jedoch
Meyer S. 47 $ 14 Anm. Il am Ende.
2: So u. A. LAagAnD I], 99, 117; HäneL StR. I, 773 fi.; ARNDT a. a. 0.
186 fi.;, MxveEr StR. 600; Sexpen a. 78, III; Zoen I, 77 fi.; TRrıEPS 2.2.0.
106; PROEBST Ann. 1882, 263; v. Mouu StR. 71 fi.; GIERKE a. a. O. 1164.
25 JELLINEK, Syst. 295 ff.
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