Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 25 (25)

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erklärt hat, ist dem Gliedstaat die freie Beherrschung aller Ge- 
biete geblieben. Hier besitzt er das „imperium“ und kann in 
jeder Hinsicht freien Gebrauch davon machen. Dieser Satz er- 
fährt im Gegensatz zu der Bestimmung des Abschnitt I 8 5 der 
Verfassung vom 28. April 1849?° nur dadurch eine Beschrän- 
kung, dass das Reich „im Zweifel ausser den ihm ausdrücklich 
verliehenen Kompetenzen auch alle diejenigen besitzt, welche es 
braucht, um eine ausdrücklich eingeräumte Kompetenz vollständig 
und wirksam anzuwenden“, sofern nicht „Wortlaut oder Sinn 
der Verfassung diesem Satze entgegenstehen“ ?’. Abgesehen von 
dieser Beschränkung aber ist der Gliedstaat als freies Rechts- 
subjekt auf den von dem Reiche nicht mit Beschlag belegten 
Gebieten tätig und hat ein Recht darauf, in dieser Sphäre nicht 
gestört zu werden. In diesem negativen Status, dem status liber- 
tatis, befinden sich die Gliedstaaten im Deutschen Reiche z. B. 
in gesetzgeberischer Hinsicht auf allen nicht nach Art. 4 der 
Reichsgesetzgebung unterworfenen Gebieten, so z. B. hinsichtlich 
des Unterrichtswesens; ferner bezüglich der Verwaltungstätigkeit 
auf den nur der Gesetzgebung und Beaufsichtigung des Reichs 
unterworfenen Gebieten 8. LABAND?? bezeichnet diese Gruppe 
von Rechten als iura singulorum, da sie den einzelnen ut sın- 
gulis, als Einzelpersönlichkeiten zuständen ®°. Aus der Kompe- 
tenz-Kompeienz des Reiches folgt allerdings, dass es in seiner 
Macht steht, diese Betätigungssphäre der Gliedstaatsgewalt be- 
liebig einzuschränken, sofern nur die Vorschriften des Art. 781 
— 
26 BINDING, Staatsgrundgesetze II, 2. 
27 'TRIEPEL a. a. O. 289 f., ähnlich HÄner, Stud. I, 196; StR. I, 222, 
428; WESTERKAMP, Ueber die Reichsverfassung 35 f. Die Folgen, die sich 
aus der Annahme dieser „implied powers“ in d. RV. ergeben, im einzelnen 
ausgeführt bei TRIEPEL, 290 ff. 
22 So u. A. LOENING, Grundzüge 109, Anscaörtz 517 f.; Häner], 
233 fi,; a. M. MEYER, StR. 235, ZoRN ], 113 ft. 
2° |, 114 ff. 
3° Nicht etwa besondere Rechte, vgl. LOEWENFELD 702; gegen die irre- 
führende Terminologie HÄneL, StR. I, 823.
	        
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