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Organ des Bundesstaats in Ausübung bundesstaatlicher Funktionen
tätig zu werden. Dieser Anspruch ist durch die Reichsverfassung
den Gliedstaaten gegenüber verwirklicht, indem ihnen z. B. das
Recht auf Vertretung im Bundesrat gegeben ist, wodurch sie
sich an der Bildung des Reichswillens beteiligen können. Zu
betonen ist jedoch, dass diese Tätigkeit vom Gliedstaat nicht in
seiner Eigenschaft als Gliedstaat ausgeübt wird, sondern ledig-
lich als bundesstaatliches Organ. Wohl wird dem Staate ein
gewisses Recht zur Teilnahme an der Bildung des Reichswillens
verliehen, in der Ausübung desselben jedoch begibt er sich seiner
staatlichen Eigenschaft ®®. Diese Ueberlegung ist, wie wir unten
sehen werden, für uns von Wichtigkeit. Die Beteiligung des
Gliedstaats an der Bildung des Gesamtwillens wird jetzt gerade-
zu als wesentliches Erfordernis für den Begriff des Bundesstaats
angesehen ®. Nur dürfte es zu weit gehen, diesen Punkt für das
spezifische Unterscheidungsmerkmal zwischen Bundesstaat und
Einheitsstaat erklären zu wollen ?”,
Für die letzten beiden Klassen der von uns genannten
Rechte hat LAaBAnD°® die gemeinschaftliche Bezeichnung der
Mitgliedschaftsrechte gewählt, da sie sich als Wirkungen der
Korporationsverfassung auf die einzelnen Mitglieder darstellten
im Gegensatz zu den iura singulorum, die der Kompetenz der
Korporation entzogen seien. Erhalten die Gliedstaaten — LAa-
BANDs Ansicht über den Bundesstaat als Korporation voraus-
gesetzt — die anderen Rechte aber nicht auch kraft Verfassung
der Korporation, d. h. in letzter Linie auch durch die Mitglied-
schaft an ihr? Richtiger kann man von diesen Rechten mit
55 Unklar hier LABAnD I, 214 fl.: Bundesrat teils Organ des Reichs.
teils Organ der Gliedstaaten zur Ausübung der Mitgliedschaftsrechte. Da-
gegen GIERKE a. a. O. VII, 4, 50, PrEuss a. a. O. 389.
3 Vgl. insbes. MEYER, StR. 46 f., $ 14 Anm. 10 u. 4; ferner LABAND
I, 56, JELLINEK, StL. 703, AnscHütz 463 f.
# Vgl. TRıEPS 59 f.
a. a. O. 1, 103 £.