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insofern recht, als er behauptet, es handle sich darum, formell
festzustellen, welche Vorschriften der Reichsverfassung als Reser-
vatrechte begründende Exemtionen anzusehen seien. Nur geht
er wieder nach der andern Seite zu weit, als er den materiellen
Inhalt dieser Rechte als nebensächlich behandelt.
Ganz allgemein aber setzte man die Notwendigkeit eines
formalen Erfordernisses für das Wesen eines Reservatrechtes
voraus, sobald man LABANnDs allgemeinen Satz ablehnte”. Bei
den Versuchen, dieses Begriffsmerkmal zu finden, spielt wie wir
gesehen haben, der Art. 78 Il eine bedeutsame Rolle. Diejenigen,
die extensiv interpretierten, sahen in ihm den Schutz für alle iura
singulorum überhaupt. Die strikten Interpretatoren erfassten ihn
als ein wesentliches Merkmal für alle besonderen verfassungs-
mässigen Rechte, und zwar insofern, als er bestimmte, dass sie
der Zustimmung des berechtigten Staates zur Abänderung be-
dürften. Dies war also das Erfordernis, das als allgemein gültig
für ein besonderes Recht im technischen Sinne erkannt wurde.
Nun ging man ganz allgemein so vor, dass man auf dem
Wege der Interpretation zu bestimmen versuchte, welche Rechte
den in Art. 78 II des weiteren festgesetzten Erfordernissen ge-
nügten und wenn diese Rechte gefunden waren, so erklärte man
sie für Sonderrechte im technischen Sinne, für die die Schutz-
bestimmung des Art. 78 II nunmehr auch Platz griff. Im Grunde
sind sich also eigentlich alle Schriftsteller über das eine Ergeb-
nis einig: dass nämlich bestimmte Rechte, die sich als Reservat-
rechte darstellen, erschwerenden Abänderungsvorschriften unter-
liegen '*, Nur darin besteht der Unterschied, dass LABAND und
147 Vgl. die scharfe Betonung dieser Bedingung bei HÄneL, StR. ], 821:
Sonderrechtliche Gewährungen dem Inhalte nach können niemals die Kraft
und die Deutung formeller Sonderrechte gewinnen.
148 Damit findet auch die Fassung der Z. 8 des badisch-hessischen Schluss-
protokolls ihre Erklärung, wonach es „allseitig als selbstverständlich ange-
sehen würde, dass diejenigen Vorschriften der Verfassung, durch welche
bestimmte Rechte einzelner Bundesstaaten in deren Verhältnis zur Gesamt-