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die einheitliche Formel zu finden. „Denn jeder derartige Ver-
trag muss ja das beiden Gesetzgebungen gemeinschaftliche Ge-
biet erst besonders abstecken,“ wie der Abgeordnete Dr. Hopf
bei der Beratung dieser Konvention im Reichstage sagte”!. In
den Motiven zu dem Auslieferungsvertrag mit den Nieder-
landen von 1896 hat schliesslich das Prinzip seinen schärfsten
Ausdruck gefunden ’”?: „Es bildet eine allgemeine Voraussetzung
jeder Auslieferung, dass die sie begründende strafbare Handlung
sich nach der Gesetzgebung des einen, wie des anderen Teils
als eine im Vertrage vorgesehene Straftat darstellt.“ Man ist
demnach berechtigt zu behaupten, dass sich die Klausel der
beiderseitigen Strafbarkeit im deutschen Auslieferungsrecht immer
fester eingesetzt hat.
22. Nach dem vorangegangenen ist es kaum noch erforder-
lich den Nachweis zu erbringen, dass sich die Klausel nicht
nur in den Materialien behandelt und als Leitsatz für den Unter-
händler hingestellt findet, sondern dass ihrem Gedanken auch
in den Verträgen Genüge geschehen ist, dass sie sich in
ihnen selbst Geltung verschafft hat. Denn die Motive erklären
und begründen am letzten Ende nichts anderes als die Wir-
kungen der Klausel auf den Vertragstext. Bereits die früheren
Auslieferungsverträge erweisen sich als von ihr beherrscht. Setzt
man den Beginn des modernen Auslieferungsrechts in die 1830er
Jahre, da damals heute fundamental erscheinende Grundsätze
wie die Nichtauslieferung der politischen Verbrecher, ausgebildet
wurden, so bildet es die seitdem durchgehends festgehaltene
Praxis, dass man einen doppelten Verbrechenskata-
log aufstell. Das neue und wichtige dabei war nicht nur, dass
man überhaupt statt einer allgemeinen Formel eine Spezialisie-
rung der auslieferungspflichtigen Reate vornahm, sondern dass
I Stenographische Berichte über die Verhandlungen des deutschen
Reichstages, 3. Legislaturperiode, II. Session 1878, Bd. 1 S. 256.
?? Siehe oben S. 48 Anm. 56.