Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 25 (25)

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lich Verbrechen im technischen Sinn, crimes, der Auslieferung 
unterwirft®. Es war demnach zu entscheiden, nach welchem 
Recht ein Delikt, das je nach den Qualifizierungen oder Privile- 
gierungen einen doppelten Charakter annehmen kann, auf seine 
Verbrechensnatur im Sinne der Vertragsliste geprüft werden 
sollte. Diese Entscheidung wird für den Diebstahl in Art. 2 
Ziffer 6 folgendermassen gegeben: Auslieferungspflichtig ist: 
„6. Diebstahl, wenn derselbe von „6° vol, lorsqu’il a &t6 accompagne& 
Umständen begleitet ist, die ihmj|de circonstances qui lui impri- 
nach der Gesetzgebung beider|ment le caract&re de crime d’a- 
Staaten den Charakter eines|pr&s la legislation des deux 
Verbrechens geben.“ pays.‘ 
Es darf freilich nicht übergangen werden, dass grade nach 
dem vorliegenden Vertrag die Feststellung, ob ein gegebener 
strafbarer Tatbestand als ein Verbrechen im strengen Sinne 
angesehen werden muss, bei den anderen Auslieferungsreaten 
abweichend hiervon getroffen werden soll. In zwei Fällen (Ziffer 
3 und 7) wird der Beurteilung ausschliesslich die französi- 
sche Strafgesetzgebung zu Grunde gelegt. Es heisst, die Tat 
sei dann auslieferungsmässig, „wenn sie von Umständen be- 
gleitet ist, die, falls sie in Frankreich begangen wäre, die 
Anwendung einer peinlichen und entehrenden Strafe zur Folge 
haben würde — si les circonstances du fait impute sont telles 
que, s’il etait commis en France, il serait puni d’une peine 
afflictive et infamante“. Man begegnet hier dem Bestreben der 
Unterhändler Frankreichs, in den Auslieferungsvereinbarungen 
die französische Strafgesetzgebung zur Grundlage zu machen, 
ein Bestreben, das bis zum Ausgang der 1860er Jahre vielfach 
Erfolg hatte®. Auch andere deutsche Verträge haben sich 
diesem System gefügt®. Als Versuch einer prinzipiellen Ent- 
82 Preussische Gesetzseammlung 1845 S. 579; deutsch bei OLSHAUSEN, 
Auslieferungsverträge 8. 148, Conn 8. 350. 
8 Vgl. die Angaben von BEAUCHET p. 143; BILLoT p. 121. 
8 Als Beispiele mögen folgende genannt sein: Vertrag Sachsen- 
Frankreich vom 28. April 1850 (Kgl. Sächsisches Gesetz- und Verord-
	        
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