Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 26 (26)

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Gewalt, mit andern Worten: „der Staat ist die mit ursprüng- 
licher Herrschermacht ausgestattete (rebietskörperschaft“ 3, 
Diese Begriffsbestimmung berücksichtigt jedoch nur den Staat 
in seinem Leben nach innen, dem Staatsvolk und dem Staats- 
gebiet gegenüber. Der moderne Staat wirkt aber auch nach 
außen, den andern Staaten gegenüber. Er ist erst dann ein 
Staat, wenn er völkerrechtliche Persönlichkeit* hat. So verstehen 
wir denn unter Staat: die mit völkerrechtlicher Persönlichkeit 
begabte autonome Gebietskörperschaft>. 
Mit dem Worte „Staatsoberhaupt“ bezeichnen wir „die an 
der Spitze eines Staates stehende Einzelpersönlichkeit*“ ®. 
8 JELLINEK, Das Recht des modernen Staats. Bd. I, 2. Aufl., S. 170. 
* Vgl. Rrtum, Allgemeine Staatslehre 8. 28, 
5 Wir schließen uns also der sog. „Persönlichkeitslehre* an. Auf die 
verschiedenen Staatstheorien einzugehen, ist hier nicht der Ort. Obiger 
Satz soll nur unsere Stellung zur Frage bekunden, gemäß dem Verlangen, 
das Combes de Lestrade aufstellt; „Une definition de !’Etat doit se trouver 
au debut de toute oeuvre qui traite du droit politique* (S. 3). 
Die französische Wissenschaft, die das Staatsrecht mehr philosophisch 
und soziologisch als juristisch behandelt — vgl. auch Rossi — zerfällt, was 
das Wesen des Staates betrifft, in zwei feindliche Lager. In starker Ab- 
hängigkeit von deutschen Forschungen sieht die größere Zahl der fran»ö- 
sischen Gelehrten im Staat eine Persönlichkeit, so besonders EsMEIN, HaAv- 
RIOU, MıcHouD. Gegner dieser Theorie sind vor allem BERTHELEMY, 
MicHer, Combes de Lestrade, dessen Definition (8. 5): „L’Etat c'est la 
synthöse des inter&ts collectifs, actifs, ou passifs, distinets sinon opposes 
des interöts individuels®, wenn man sie nicht rein soziologisch auffassen 
will, sich doch der das Eigenleben des Staates betonenden Persönlichkeits- 
theorie nähert, wenn ihr Verfasser auch das Vorhandensein eines „Etat 
concret“ bestreitet. Hierher ist auch Du6uit zu zählen, welcher der einst 
von HALLER und später von SEYDEL vertretenen Machttheorie huldigt. 
Man vergleiche den Satz von HALLER, Restauration der Staatswissenschaften 
2. Aufl. 1820, Bd. I, S. 359: „Es ist ein Naturgesetz, daß nur der Ueber- 
legene, der Mächtigere herrsche® mit dem von Duvavır II S. 1 „L’etat est 
le produit historique d’une differentiation sociale entre les forts et les faibles 
dans une societe donnee“. Es ist ein merkwürdiger Zufall, daß diese An- 
schauung sich bei einen modernen französischen Schriftsteller wieder findet: 
wir meinen ANATOLE FRANCE in seinem Buche: L’isle des Pingouins.“ 
8 WALTHER, 8. 14,
	        
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