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der größeren deutschen Bundesstaaten, hauptsächlich in Preußen.
Man hat auf den Gegensatz hingewiesen, der zwischen der Ent-
wicklung des Ehrenamts in England und der kontinentalen, be-
sonders der deutschen Entwicklung bestehe‘. Dabei hat man
unbeachtet gelassen, daß sich in einem allerdings eng begrenzten
Teile Deutschlands eine Entwicklung vollzogen hat, die von der
preußischen Entwicklung des Ehrenants vollkommen verschieden
ist. Das Ehrenamt in Hamburg und Lübeck zeigt gauz andere
Züge, als das Ehrenanıt in Preußen.
Man könnte meinen, eine Rechtsentwicklung auf einem so
beschränkten territorialen Raume könne ein erhebliches wissen-
schaftliehes Interesse nicht beanspruchen. Das würde ich nicht
für richtig halten. Einmal zählt der Bundesstaat Hamburg mehr
als eine Million Einwohner und sein letzter Staatshaushalts-Ent-
wurf weist als Summe der ordentlichen Ausgaben einen Betrag
von über 193 Millionen Mark auf. Sodann aber — und das ist
der wichtigere Umstand — hat sich das Ehrenamt in Hamburg
und Lübeck seit dem Mittelalter kontinuierlich entwickelt und ist
dort zu einer ganz hervorragenden Kraft und Bedeutung gelangt.
Das Studium der rechtlichen Natur des Ehrenamts in Hamburg
und Lübeck kann daher geeignet sein, Anregungen zu liefern, die
für die weitere Entwicklung des Ehrenamts der städtischen Ver-
waltungen in den monarchischen deutschen Bundesstaaten nützlich
werden können.
Es könnte auffallen, daß ıch hier nicht etwa von dem Ehren-
amte in den Hansestädten, sondern von dem Ehrenamte in Hanı-
burg und Lübeck rede. Wenn ich die Verhältnisse in Bremen
außer Betracht lasse, so geschieht das, weil es scheint, als wenn
die Verhältnisse ın Bremen in mancher Beziehung abweichend
liegen.
Die rechtliche Natur der Stellung des Ehrenbeamten in den
ı Huco Prevuss, Artikel Ehrenamt im Wörterbuch des deutschen Staats-
und Verwaltungsrechts, 1911.