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Inhalts, sich ruhig zu verhalten, oder sich in die Irrenanstalt zu
begeben, ist unmöglich; denn der Adressat wäre gar nicht in der
Lage, ihn zu begreifen. geschweige denn zu befolgen. Bei einer
Feuersbrunst ergibt sich die Notwendigkeit. ein dem brennenden
benachbartes Haus schleunigst zu beseitigen. um ein Uebergreifen
des Feuers auf andere Gebäude zu verhindern *. Es nützt nichts,
dem Eigentümer des fraglichen Hauses den Befehl dazu zu geben;
denn er ist nicht imstande, ihn auszuführen (ganz abgesehen
davon, daß der Befehl keine gesetzliche Grundlage hätte und er
auch nicht verpflichtet wäre, ihn auszuführen, s. unten $ 3). So
kann die Polizei ohne weiteres unter Zuhilfenahme des Militärs
Kanonen auffahren und das Haus zusammenschießen lassen. —
Ferner gibt es Fälle, in denen der Erlaß eines Befehls vor der
zwangsweisen Durchführung an sich möglich. der Adressat auch
zur Befolgung des Befehls in der Lage wäre, wo aber das Ab-
warten mit Ricksicht auf die Gefährdung der öffentlichen Ord-
nung untunlich ist. 7. B. ein wildes Tier entspringt aus seinem
Käfige und macht die Straßen einer Stadt unsicher. Es kann sein,
daß es genügt, den Eigentümer des Tieres aufzufordern, sich seiner
wieder zu bemächtigen. oder es zu töten, und die Ausführung
dieses Befehls abzuwarten. Es kann aber auch sein, daß die Ge-
fahr für die öffentliche Sicherheit zu groß ist, daß der Eigen-
tümer gerade nicht zu erreichen ist, daß zuviel Zeit bis zur- Be-
seitigung der (Gefahr verstreichen würde. In diesem Fall wird
man ohne weiteres zur polizeilichen Tötung des Tieres schreiten.
Diese Erscheinung des unmittelbaren Zwanges ist nun vermit-
telst der hier bekämpften Theorie von der Ableitung des Zwanges aus
dem Gesetz nicht zu begründen. Denn die gesetzliche Erlaubnis
für die Behörden in Fällen, wie den eben beschriebenen, sofort
zwangsweise einzuschreiten, findet sich nirgends, zum mindesten
weder in der von den Schriftstellern besonders eingehend be-
* Das Beispiel stammt von OTTO MAYER I. S. 359.