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Reichsgesetz und Landesgesetz nach öster-
reichischer Verfassung.
Von
Dr. HAns KELSENn, Privatdozent an der Universität in Wien.
Inhalt. . DieNormkonkurrenz zwischen Reichs- und
Landesgesetz. $ 1. Das Problem in der herrschenden Literatur.
$ 2. Die allgemeinen Prinzipien der Normkonkurrenz. $ 3. Der Ausgangs-
punkt der juristischen Konstruktion. $ 4. Reichs- und Landesgesetz nach dem
Oktoberdiplom von 1860. 8 5. Reichs- und Landesgesetz nach dem Februar-
patent von1861. $ 6. Reichs- und Landesgesetz nach der Dezember-Verfassung
von 1867. 8 7. Identität oder Verschiedenheit der normsetzenden Autorität
in Reich und Land. & 8. Die Kompetenzhoheit der Reichs- oder der Landes-
legislative. $ 9. Die Reichsverfassung vom Dezember 1867 als Ausgangs-
punkt der juristischen Konstruktion. — II. Das fehlerhafte Reichs-
und Landesgesetz. $ 10. Das richterliche Prüfungsrecht und das
Verhältnis zwischen Reichs- und Landesgesetz. 8 11. Die Ministerver-
antwortlichkeit und das Verhältnis zwischen Reichs- und Landesgesetz.
$ 12. Schlußwort.
I. Die Normkonkurrenz zwischen Reichs- und Landesgesetz.
81. DasProbleminderherrschenden Literatur.
Die herrschende Lehrmeinung über das gegenseitige Verhält-
nis von Reichs- und Landesgesetzen läßt sich dahin formulieren,
daß „beiden Gattungen von Gesetzen die gleiche Rechtskraft inne-
wohnt“! oder daß beide „inbezug auf ihre verbindliche Kraft
! JELLINEK, Ein Verfassungsgerichtshof für Oesterreich, Wien 1885.
S. 36.