Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 32 (32)

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Grundanschauung vom Verhältnisse der beiden Gesetzarten den- 
noch einen Konflikt zwischen Reichs- und Landesgesetzgebung 
nicht nur für möglich hält, sondern auch den Mangel einer die 
unvermeidlichen Kompetenzkonflikte lösenden Bestimmung unserer 
Verfassung besonders bedauert. Denn wenn im Sinne der gelten- 
den Verfassung der Grundsatz: lex posterior derogat priori zwi- 
schen Reichs- und Landesgesetz ebenso wie zwischen Reichsgesetz 
und Reichsgesetz oder Landesgesetz und Landesgesetz gilt, dann 
ist en Kompetenzkonflikt zwischen Reichsgesetzgebung 
und Landesgesetzgebung ebenso unmöglich wie zwischen Reichs- 
gesetzgebung und Reichsgesetzgebung oder Landesgesetzgebung 
und Landesgesetzgebung. Deutlich tritt dieser Widerspruch in 
der herrschenden Lehre dann hervor, wenn man, wie z. B. 
JELLINEK, von der Annahme ausgeht, daß die gesetzgebende Au- 
torität im Reich und Land dieselbe, nämlich die Person des M o- 
narchen sei. „In Oesterreich steht aber (im Gegensatz zum 
Bundesstaate, wo die gesetzgebende Gewalt in Reich und Land 
verschieden ist) dem kaiserlichen Willen im Reiche der kaiserliche 
Wille im Lande gegenüber. Ein Konflikt des Kaiser- 
lichen Willens mit sich selbst ist aber nicht 
denkbar“°®. Nur steht dieser Satz merkwürdigerweise in ei- 
nem Kapitel, das überschrieben ist: „Konflikte zwischen 
Reichs- und Landesgesetzgebung“; und dieses Kapitel will den 
Beweis erbringen, daß „die Gefahr eines Konfliktes“ zwischen 
Reichs- und Landesgesetzgebung in Oesterreich zum Unterschied 
von dem analogen Verhältnisse im Bundesstaate „umso größer ist, 
als keine Wertrelation zwischen Reichs- und Landesgesetzen be- 
steht“*; und zur Lösung dieser Kompetenzkonflikte, die in ande- 
rem Zusammenhange wegen der Identität der gesetzgebenden Ge- 
walt (zum Unterschied von der Verschiedenheit der gesetzgebenden 
Gewalten im Bundesstaat) gerade in Oesterreich für „undenkbar“ 
erklärt wurden, wird ein Verfassungsgerichtshof vorgeschlagen. 
8 A.2.0. S. 32. ®A.2.0,. S. 30.
	        
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