Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 32 (32)

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gangspunkt gemacht, von dem aus die Beurteilung der heute 
geltenden Verfassung im allgemeinen und die Lösung des speziellen 
Problems: Verhältnis von Reichs- und Landesgesetz erfolgt. Geht 
man von der Voraussetzung aus, daß Oesterreich im Jahre 1860 
eine absolute Monarchie war, d. h. daß nur die einseitig durch 
den Monarchen erlassenen Gesetze rechtsgültig waren, daß daher 
durch einseitige Norm des absoluten Monarchen alles geregelt 
werden konnte, muß man auch die Möglichkeit anerkennen, durch 
eine solche Norm des absoluten Monarchen neue Rechtssetzungs- 
organe zu schaffen und deren Kompetenz zu bestimmen. Durch 
Norm des absoluten Monarchen kann bestimmt werden, daß in 
Zukunft als rechtsgültige Normen nur mehr die durch eine Volks- 
vertretung oder von ihm in Verbindung mit einer solchen erlas- 
senen Gesetze angesehen werden sollen. und ähnliches. Wird der 
Kompetenz dieser neuen normsetzenden Autorität keine Grenze ge- 
zogen, dann ist ihr die Kompetenzhoheit übertragen. Zumindest 
materiell. Denn formell könnte man ja noch immer die neue 
normsetzende Autorität als Delegaten des absoluten Monarchen 
ansehen und diesem letztlich alle Normen des neuen Gesetz- 
gebers zurechnen. Bei einer in Form Rechtens durch den abso- 
lJuten Monarchen gewährten konstitutionellen Verfassung kann 
man eben aus dieser formalen Erwägung heraus, nach wie vor den 
Monarchen als alleinigen Gesetzgeber ansehen. Allein aus dem- 
selben Grunde, weshalb man nicht nach einer weiteren Legitimation 
des absoluten Monarchen zur Gesetzgebung fragt (die Berufung 
auf Gottes Gnaden ist zumindest keine juristische Rechtfertigung, 
entspricht aber zweifellos einem solchen Rechtfertigungsbedürfnis), 
kann man auch dem konstitutionellen Gesetzgeber gegenüber auf 
eine Zurückführung seiner Gesetzgebungskompetenz auf den ab- 
soluten Monarchen faktisch verzichten, d. h. man kann das 
Parlament, sei es allein, sei es in Verbindung mit dem Monarchen 
ohne Rücksicht auf ein delegierendes Gesetz aus vorkonstitutio- 
neller Zeit, als oberste normsetzende Autorität voraussetzen.
	        
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