Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 32 (32)

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allein von der Gestaltung dieses Verhältnisses muß die juri- 
stische Konstruktion die Beantwortung der Frage ab- 
bängig machen, ob der nunmehr juristisch neu geschaffene Staat 
sich als einheitlicher oder aus Einzelstaaten zusammengesetzter 
Staat darstellt, ja ob die ursprünglich einheitliche absolute Monar- 
chie nicht juristisch in eine Reihe von staatlichen Gebilden zer- 
fallen ist, die durch kein rechtliches Band zu einem Ober- 
staat zusammengehalten werden. Letzteres ist z. B. im Wege 
einer Verfassungsänderung im Verhältnis zwischen Oesterreich und 
Ungarn geschehen. Und wie in diesem Falle, so könnte auch für 
das Verhältnis der Österreichischen Kronländer zu einem Ober- 
staate oder einem Einheitsstaate juristisch nicht der fak- 
tische Bestand einer Zentralverwaltung geltend 
gemacht werden, da deren Funktion vom Standpunkt rechtsstaat- 
licher Grundsätze nach der Rechtsordnung oder den Rechtsord- 
nungen zu konstruieren ist, denen sie als unterstellt zu denken 
sind. Die staatsrechtliche Struktur der sogenannten öster- 
reichischen Reichshälfte darf juristisch nicht primär dar- 
aus erschlossen werden, daß eine einheitliche staatliche Zentral- 
verwaltung besteht und seit jeher bestanden hat; denn ob der ge- 
gebene Tatbestand, den man in seiner Totalität als zentrale 
Staatsverwaltuug bezeichnet, Verwaltung eines Einheitsstaates, 
Verwaltung eines Bundesstaates oder gemeinsame Verwaltung meh- 
rerer Einzelstaaten ist, das darf von der juristischen Konstruktion 
nicht vorausgesetzt, sondern muß auf Grund des Verhältnisses be- 
urteilt werden, in welchem Reichs- und Landesgesetzgebung 
zueinander stehen. Dieselbe Tatsache kann unter verschiedenen 
Rechtsordnungen beurteilt eine verschiedene Bedeutung haben. 
Was bis zum Februarpatent 1861 die Verwaltung eines Einheits-. 
staates war, konnte mit der prinzipiellen Veränderung der Gesetz- 
gebung, mit der Spaltung der einheitlichen Rechtsordnung in eine 
Vielheit von Rechtsordnungen, je naclı der Gestaltung ihres gegen- 
seitigen Verhältnisses seinen juristischen Charakter, d. h. seine 
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