Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 32 (32)

— 29 — 
menden faktischen Herrschaftsorganisation durfte zur Ausfüllung 
der wesentlichen Lücken, die in der neuen Rechtsordnung gelassen 
wurden, von rechtswegen nicht herangezogen werden. 
Die Beobachtung einer rein juristischen Methode wird frei- 
lich fast unmöglich gemacht, wenn man auf Grund des Fe- 
bruarpatentes das Verhältnis zwischen Reichs- und Landesgesetz- 
gebung zu bestimmen versucht. Fragt man zunächst, ob eine ge- 
genseitige Koordinierung oder Subordinierung beider normsetzen- 
den Autoritäten konstituiert wurde, muß man feststellen, daß in 
den Bestimmungen des Februarpatentes keine Spur irgend einer 
Ueber- oder Unterordnung zwischen Reichsgesetzgebung und Lan- 
desgesetzgebung zu konstatieren ist. Davon, daß die eine als Dele- 
gat der anderen erscheint, kann keine Rede sein. Nur in einem 
speziellen Falle, wenn nämlich ein Landtag beantragt, daß eine 
in seine Kompetenz fallende Angelegenheit durch den Reichsrat 
hehandelt werde ($ 11 des Grundgesetzes über die Reichsvertre- 
tung): in diesem, allerdings nur in diesem: besonderen Falle er- 
scheint der Reichsgesetzgeber als Delegat des Landesgesetzgebers. 
Es mag zweifelhaft sein, ob sich die Begründer des Konsti- 
tutionalismus darüber klar waren, daß in einem einheitlichen Staats- 
wesen zwei völlig paritätische Gesetzgebungszentren keinen Raum 
haben können. Sicher ist, daß das Februarpatent die Reichsge- 
setzgebung wie die Landesgesetzgebung als oberste souveräne, d. h. 
mit Kompetenzhoheit ausgestattete normsetzende Autoritäten etabliert 
hat. Das juristische Kriterium der Kompetenz-Kompetenz liegt 
für eine normsetzende Autorität darin, daß die ihre Kompetenz 
begrenzende Norn — falls eine solche überhaupt besteht — nur durch 
eine selbstgesetzte Norm abgeändert werden kann. Entsteht eine 
normsetzende Autorität auf rein faktischem Wege, dann ist die 
Kompetenzhoheit mangels jeder übergeordneten Autorität von selbst 
gegeben. Ist aber speziell eine rechtsetzende Autorität durch eine 
andere in Form Rechtens eingesetzt, an deren Stelle gesetzt, dann 
ist diese in Form Rechtens eingesetzte als oberste, souveräne und
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.