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durch bloßes Rejchsgesetz bewirken zu können und arbeıtete
dementsprechend den Regierungsentwurf des Gesetzes betreffend die
Abänderung des Grundgesetzes über die Reichsvertretung um.
Aeußerst charakteristisch ist aber, was der Abg. VON PLENER
zur Rechtfertigung der vom Verfassungsausschuß vorgeschlagenen
Aenderung der Regierungsvorlage bzw. der Erweiterung der Kom-
petenz der Landtage vorbrachte: „Mir, nach meiner unmaßgeblichen
Ansicht, hätte es zweckmäßiger geschienen, wenn die Erwei-
terung der Autonomie der Länder ausihrer Inı-
tiative und im Wege der Abänderung der Lan-
desxesetzgebung hervorgegangen wäre.....
Dieser Absicht wurde aber entgegengehalten, daß durch die Ver-
legung der Angelegenheit auf den Weg der Landesgesetzgebung
nur ein langwieriger Weg betreten worden wäre, daß die Ent-
scheidung der ganzen Sache in das Unsichere hinausgeschoben und
verspätet worden wäre. Die Regierungsvorlage, wel-
che nach dem Wortlaute der Allerhöchsten
Thronrede über die Erweiterung der Autonomie
der Landtage zu erwarten gewesen wäre, ist
nicht erschienen, und so kam es. daß sich der Ausschuß
entschloß, schon an der gegenwärtigen Stelle,schon im Reichs-
gesetz einen Platz jenen Bestimmungen zu öffnen, welche die
Beruhigung gewähren, daß die Autonomie der Landtage die ge-
wünschte Erweiterung erhält“ 1%. Ob es sich bei der erwarteten
Regierungsvorlage betr. Erweiterung der Landesautonomie um ein
Reichsgesetz oder um konforme Landesgesetze oder aber um ein
Rteichsgesetz in Verbindung mit komplementären, die Landesord-
nung abändernden Landesgesetzen gehandelt hat, läßt sich nicht
feststellen. Kennzeichnend ist jedenfalls, daß man im Verfas-
sungsausschuß lediglich erwog, was zweckmäßiger sei, die
Kompetenzgrenze zwischen Reichs- und Landesgesetzgebung ent-
16 Vgl. die Neue Gesetzgebung Oesterreichs, erläutert aus den Reichs-
ratsverhandlungen Wien 1864 8. 129.