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weder durch Reichs- oder durch Landesgesetz zu bewerkstel-
ligen. Welcher Weg verfassungsmäßig sei, d.h. sowohl
der Reichs- als auch den Landesverfassungen entspräche, diese
Frage scheint wenig Kopfzerbrechen bereitet zu haben! Schlechter-
dings unverständlich ist es aber, wenn der Verfassungsausschuß
in seinem Berichte die Meinung vertrat, durch die taxative Auf-
zählung der Reichskompetenz und die Zuweisung des Restes an
die Länder einen Modus gefunden zu haben, um deren Autono-
mie ohne Eingriff in die Landesordnungen zu erweitern! Um eine
Erweiterung der Autonomie der Länder herbeizuführen, so erklärt
der Bericht, und zwar „in einer Weise, welche einen Eingriff des
Reichsrates in die Landesordnungen ausschließt“, entschloß sich
daher der Ausschuß, „dem hohen Hause eine umfassende Auf-
zählung jener Gegenstände zu empfehlen, welche künftig dem
Wirkungskreise des Reichsrates angehören sollen, so daß alle
übrigen, in dem veränderten Grundgesetze dem Reichsrate nicht
ausdrücklich vorbehaltenen Gegenstände dem Wirkungskreise der
Landtage angehören werden. Sollte ein Landtag von der ihm zu-
kommenden Autonomie keinen Gebrauch machen wollen, so gibt
ihm der $ 12 des Gesetzentwurfes das geeignete Mittel an die
Hand“ '?, nämlich durch Beschluß die in seine Kompetenz
fallende Angelegenheit, der Regelung durch den Reichsrat zu
überlassen. Wie aber die Landesordnung nicht abgeändert sein soll,
wenn die durch die Landesordnung festgesetzte Kompetenz des Land-
tages rechtsgültig erweitert wurde, so daß es zur Regelung einer
in die erweiterte Landeskompetenz fallenden Angelegenbeit nur mehr
eines einfachen und keines die Landesordnung abändernden, quali-
fizierten Landesgesetzes bedarf, muß rätselhaft bleiben. Das
Problem, die durch die Landesordnung bestimmte und vom Stand-
punkt der Landesverfassung nur durch die Landesordnung resp. ein
die Landesordnung abänderndes Landesgesetz bestimmbare Lan-
deskompetenz zu erweitern, ohne diese Landeskompetenz und da-
1 Vgl. die Neue Gesetzgebung Oesterreichs S. 115.