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— der allgemeinen und auch der politischen — soweit sie als
dienende Organe der Justiz auftreten. Hieraus folgt, daß nur
dann von einer Anwendung dieses Artikels die Rede sein kann,
wenn der Jurisdiktionsapparat in Bewegung gesetzt ist und dem
Abgeordneten eine Repression für eine von ihm begangene Straf-
tat droht. Hierdurch unterscheiden sich Art. 16 und Art. 15 von
Grund aus: der letztere schützt einen Abgeordneten vor admini-
strativen Repressalien, wie sie statthaben, wenn eine Person weder
der Ausführung einer bestimmten strafbaren Handlung überführt,
noch einer solchen verdächtig ist, sondern bloß „gefährlich“ er-
scheint, d. h. überhaupt fähig, eine gesetzwidrige Handlung zu
vollbringen.
Somit muß die Freiheitsentziehung, von der Art. 16 spricht,
bedingungslos von der richterlichen Gewalt ausgehen. Dieser Ar-
tikel steht in keiner Beziehung zu einer Beschränkung der Frei-
heit; denn ginge eine solche von der administrativen Gewalt aus,
so wäre sie auf Grund des Art. 15 überhaupt unzulässig; ginge
sie aber vom Gerichte aus, unmittelbar oder mittelbar durch seine
dienenden Organe — so fände eben in diesem Falle Art. 16 keine
Anwendung, denn er spricht nur von Freiheitsentziehung.
IV.
Was ist nun unter Freiheitsentziehung, streng genommen, zu
verstehen ? Obgleich diese Frage in Westeuropa äußerst bestritten
ist, so läßt sich doch sagen, daß die communis opinio, u. E. mit
vollem Rechte, anerkennt, daß unter Freiheitsentziehung nur eine
vorläufige Inhaftnahme (Untersuchungshaft), aber keine Freiheits-
entziehung auf Grund eines Urteilsspruchs (Strafvollzugshaft) zu
verstehen sei.
In Rußland wurde diese Frage in der Reichsdumasitzung vom
30. März 1907 berührt; der Abgeordnete HESSEN führte hierbe:
aus, daß, da das betr. Gesetz selbst die Verhaftungsgründe nicht
auseinanderhalte, sie somit außer Acht lasse, die vorherige Ge-