— 266 —
widrigenfalls sie offen gesetzwidrig gewesen wäre: denn weder in
der Strafprozeßordnung, noch in den Bestimmungen über den ver-
stärkten Schutz findet sich ein Artikel, der die Polizeiorgane zu
einer anderen Art der Verhaftung, als der in Art. 416 der Straf-
prozeßordnung angegebenen, ermächtigt. Und die letztere kann
laut Art. 16 des Reichsdumastatutes nur mit Genehmigung der
Reichsduma selbst erfolgen. Somit muß eine jede, wenn auch nur
faktische, Freiheitsentziehung, im Falle sie während des Vorsta-
diums eines Prozesses stattfindet, inbezug auf die Volksvertreter
als ausgeschlossen gelten.
Desgleichen halten wir auch eine Durchsuchung der Person
für unvereinbar mit dem Geiste des Art. 16; von wem sie auch
ausgehen möge, ist eine faktische Festnahme des Abgeordneten
ihre Voraussetzung. Die Durchsuchung der Person (Leibesvisi-
tation) sowohl auf reinpolizeilichen, wie auf gerichtlich-polizei-
lichem Wege ist daher gleichermaßen unzulässig.
vll.
Art. 16 schützt somit die Reichsdumamitglieder für die Zeit
des Prozesses vor einer jeden Freiheitsentziehung durch Organe
der richterlichen Gewalt. Der Begriff „Freiheitsentziehung“ ist
weiter als der Begriff „Beweissicherungsmittel“, d. h. der Ma&-
nahmen, mittels welcher ein Angeschuldigter verhindert wird sich
der Untersuchung zu entziehen. Art. 416 der Strafprozeßordnung
führt unter den Beweissicherungsmitteln nur zwei an, die eine
Freiheitsentziehung in sich schließen, nämlich Verhaftung und
Hausarrest. Es gibt aber auch andere Arten der Freiheitsent-
ziehung. Wie wir eben gesehen haben, ist das Erzwingen der
Anwesenheit des Wohnungswirts und seiner Gäste bei einer Haus-
suchung de facto Freiheitsentziehung — eine Art Hausarrest.
Auch andere Fälle sind denkbar. So kann das Gericht die Vor-
führung eines Abgeordneten als Angeklagten oder als Zeugen ver-