Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 32 (32)

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langen?®. Der Senat hat nun im Jahre 1906 ?°° als vollkommen 
richtig anerkannt, daß, „wenn das Gericht während der Sitzungs- 
periode der Reichsduma die Vorführung eines ihrer Glieder, als 
Angeklagten oder Zeugen, zur Untersuchung oder zur Verhand- 
lung verfügt, eine solche Verfügung, da sie bei ihrer Ausführung 
notwendig mit Freiheitsentziehung verknüpft ist, nicht eher er- 
folgen darf, als bis die Reichsduma ihre Genehmigung zu der Voll- 
streckung des betr. Vorführungsbefehls erteilt hat, außer natür- 
lich in den in Art. 16 namhaft gemachten Fällen.“ 
Desgleichen wäre die Genehmigung der Reichsduma zur Frei- 
heitsentziehung erforderlich, wenn ein Abgeordneter gegen Hinter- 
legung einer Kaution oder Vorstellung von Kaventen auf freiem 
Fuße belassen werden kann, aber diese Sicherheit noch nicht ge- 
leistet hat°®. Hierbei kann die Frage auftauchen, wie in dem 
Falle zu verfahren sei, wenn ein Abgeordneter sich weigert einen 
Revers des Inhalts, daß er einen bestimmten Ort nicht verlassen 
oder daß er vor Gericht erscheinen werde, zu unterschreiben, oder 
eine Sicherheit (Bürgschaft oder Kaution) nicht leisten mag*. 
Die schärfste Maßnahme, d. h. Verhaftung, zu ergreifen, ist nach 
dem genauen Sinne des Art. 16 unmöglich. Dieses bringt FOINITZKY 
auf den Gedanken, daß die Anwendung überhaupt aller Vorbeugungs- 
maßnahmen von der vorherigen Genehmigung der Reichsduma ab- 
hängig sei®. Ob das richtig ist? Zunächst kann Art. 63 des StGB. 
8 Art. 61, 69, 390—393 der StPO. 
2° Eintscheidungen des Kriminalkassationsdepartements, Nr. 20. 
3° Art. 428 der StPO.: „Bis zur Vorstellung der Kaventen oder Hinter- 
legung der Kaution wird über den Angeschuldigten Hausarrest oder Haft 
verhängt.“ 
31 In der Reichsdumasitzung vom 9. Juni 1906 erzählte der Abgeord- 
nete M. KOWALEWSKY, daß er, als er schon Abgeordneter war, zum Unter- 
suchungsrichter zitiert worden sei, der ihn durch Unterschrift eines Bever- 
ses zum Nichtverlassen von St. Petersburg verpflichten wollte. Auf die 
Frage, welche Folgen die Verweigerung der Unterschrift haben könne, habe 
der Untersuchungsrichter darauf hingewiesen, daß diese sehr unangenehm 
sein könnten. Zweifellos hat der Untersuchungsrichter damit Haft gemeint. 
92? „Wäre es nicht richtig, die Genehmigung des Reichsrates resp. der 
 
	        
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