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waltung® nennen; in diesem Sinne bezeichnet ihn der Verfasser als den
„Eckstein des französischen Verwaltungsrechts“ (S. V). Bei dem deutschen
Worte „öffentlicher Dienst“ denken wir aber an die Dienstpflichtverhält-
nisse gegenüber dem Staate oder der Gemeinde (vgl. z. B. SsYDEL, Bayr.
StR. 11 S.182fl.). Das ist aber wieder etwas ganz anderes. Und nun sehen
wir, daß hier alsbald das Wort „öffentlicher Dienst“ in diesem letzteren
Sinne gebraucht wird: 8.109 ff. ist die Rede vom „Eintritt in den öffent-
lichen Dienst“ als der „Anstellung der Beamten“; dann kommt der „Aus-
tritt aus dem Öffentlichen Dienst“ (S. 136 ff.), kommen die „Befugnisse und
Pflichten der im öffentlichen Dienste stehenden Personen‘ (3. 145 ff.). Da
handelt es sich nun auch nicht mehr um „eine zur Befriedigung einer be-
stimmten Art von öffentlichen Bedürfnissen bestehende Einrichtung“, um
die öffentliche Anstalt. Das französische Wort „service public* hat eben
einen Doppelsinn: da geht das. Das deutsche Wort „öffentlicher Dienst“
nicht; da wird es störend. —
Das französische Verwaltungsrecht, wie es seit der großen Revolution
der Staatsrat in stetiger zielbewußter Arbeit geschaffen und ausgebildet
hat, ist ein wundervolles Kunstwerk, dem römischen Zivilrecht nicht un-
ebenbürtig. Die literarische Behandlung des code civil mußte auf den
deutschen Juristen immer den Eindruck einer geschlossenen Gleichmäßig-
keit machen; es ist ja die Eigenart der französischen Kultur, überall feste,
allein maßgebende T'ypen zu bilden; daß sie die Mode beherrscht. ist kein
Zufall. Ebenso stand es mit der Verwaltungsrechtswissenschaft: „Eine
wohlbefestigte Lehre mit einer verblüffenden Gleichartigkeit der Schrift-
steller*, konnte ich seinerzeit sagen. Das ist jetzt nicht mehr ganz sol
Es hat in den letzten Jahrzehnten eine lebhafte Bewegung eingesetzt mit
einer, wie es hier im Vorwort heißt, „durehdringenden Kritik“, deren strenge
Prüfung nur wenige der alten Ideen überstanden haben (S. V). Der Ver-
fasser selbst marschiert nicht mit dem großen Haufen; er gehört in hervor-
ragender Weise zu den „Stürmern und Drängern“ Deshalb gibt er uns
hier nicht bloß die Lösungen, welche durch das oberste Verwaltungsgericht
gutgeheißen sind, sondern auch die, welche „im Begriffe stehen, gutgeheißen
zu werden“ (8. VD). Damit ist die Türe geöffnet für das nach Ansicht des
Verfassers Sein-Sollende.
Zu den neuen Gedanken, welche hier vertreten werden, gehört vor allem
die Verneinung der Juristischen Person des Staates, des Departe-
ment, der Gemeinde. Von den deutschen Juristen, denen sie mehr als
eine Fiktion ist, sagt der Verfasser sehr offen: „Ich gestehe, ihre Spitzfindig-
keiten über die Realität der juristischen Personen niemals verstanden zu
haben“ (S. 13 Note 1). Die Fiktion, welche in Frankreich herrschende Mei-
nung ist, verwirft er gleichfalls, als „Träumerei“ und „Pbantasterei“: „Die
Fiktionen müssen wir den Dichtern überlassen“ (S. 14). Esist das die An-
schauungsweise, für welche DusvItT die Führung übernommen hat. Bei