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diesem gelangt sie zu einer weitgehenden Zerstörung aller bisherigen
Lehren, zuletzt sogar zur Aufhebung des Unterschiedes von bürgerlichem
und öffentlichem Recht (Dusvıt, l’Etat S. 107, 268, 369). Auch der Ver-
fasser scheint mir nicht weit von solchen Ergebnissen zu sein. Statt des
Gemeinwesens, für welches gehandelt wird, setzt er einfach den Beamten,
der durch Gesetz oder Verordnung mit einer gewissen „Befugnis“ aus-
gestattet ist und damit wirkt (S. 14, 8. 22, S. 31); da bedarf es dann keiner
puissance publique mehr, sondern der Vorgang ist wesentlich der gleiche,
wie bei dem einzelnen, der seine Rechte geltend macht (S. 19). Das war
schon in des Verfassers Principes gen. du dr. adm., chap. III sect. II n. 3,
sehr kräftig betont worden. —
S. 20 begegnen wir Ausführungen darüber, daß nicht jede Willens-
einigung Vertrag ist. Das berührt sich mit der in unserer Literatur schon
mannigfach behandelten Lehre von der „Vereinbarung“. Dabei scheint mir
der erste Satz der N. 2 verunglückt zu sein. Dort heißt es: Beim vertrag-
lichen Rechisgeschäft sei zu bemerken, „daß die Willenseinigung nicht die
Schöpferin einer persönlichen Rechtsstellung ist“. Aber für den Vertrag
wird das, d.h. die Erzeugung eines Einzelrechtsverhältnisses durch die
Willenseinigung, ja gerade verlangt. Gemeint ist: nicht jede Willens-
einigung wirke so. Sollte der französische Text nicht gelautet haben:
Tout consentement n'est pas ereateur d’une situation juridique personnelle ?
Neu ist in gewissem Maße auch die Lehre vom öffentlichen Eigen-
tum S. 240f., nicht in der Sache, aber in Begriffsgestaltung und Ausdruck.
Ich habe ja seinerzeit meine viel besprochene und viel bestrittene Theorie
dieses Gegenstandes aus dem Studium der französischen Juristen geschöpft,
aber keineswegs in dem Sinne, daß ich sie dort geradeso fertig vor-
gefunden hätte. Es ist mir daher besonders wertvoll, daß der Verfasser
sie mit vollem Verständnis aufnimmt und seinen Ausführungen zugrunde
legt (S. 243 ff). Etliche Sätze aus meinem Droit administratif allemand
werden dabei von meinem hochverehrten Herrn Kollegen in ganz vortreff-
lichem Deutsch wiedergegeben. —
Von Einzelheiten möchte ich weiter erwähnen:
Die kräftige Betonung der Verwaltungsrechtspflege mit nur einer
Partei (S. 397: „weil es bei dem recours pour exc&s de pouvoir keinen
Beklagten gibt“; S. 398, S. 32);
Die Beschränkung der polizeilichen Einzelbefehle auf Fälle der Dring-
lichkeit und der einfachen Durchführung rechtssatzmäßig bereits gegebener
Befehle (S. 336);
Die Begründung einer allgemeinen Entschädigungspflicht des Staates
mit dem „Grundsatz der Gleichheit aller in bezug auf die öffentlichen
Lasten* (S. 425); die sogenannte öÖffentlichrechtliche Entschädigung oder
Billigkeitsentschädigung ist geschuldet: „Wenn durch den Betrieb eines