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Dr. jur. Gustav Roscher, Polizeipräsident von Hamburg, Großstadt-
polizei. Ein praktisches Handbuch der deutschen Polizei. (Otto
Meißners Verlag, Hamburg 1912, brosch. 13 M.)
In der geschichtlichen Entwicklung der staatlichen Verwaltung in den
deutschen Staaten mag es begründet sein, daß dem deutschen Bürger bei
dem Worte „Polizei“ ein gewisses unangenehmes Gefühl der Bevormundung,
der Beschränkung aufsteigt, das sich so wesentlich von dem Vertrauen und
Ansehen unterscheidet, das die Polizei in anderen Ländern mit Jahrhunderte
alter freiheitlicher Entwicklung der inneren Verwaltung, wie in den eng-
lischen Hoheitsgebieten, genießt. Es ist darum ein auch im Interesse der
Autorität der Staatsverwaltung verdienstliches Unternehmen des Polizei-
präsidenten von Hamburg, die gesamte Tätigkeit der Polizei in Deutsch-
land zu einem Gesamtbilde zusammengefaßt zu haben, in dem auch die ein-
zelnen Aufgaben je nach ihrer Bedeutung hervortreten, und sie auf diese
Weise dem Verständnis der Allgemeinheit näher zu bringen.
Dieser Zweck wird zu erreichen gesucht nicht durch eine Sammlung
spannender, nervenerregender Kriminalfälle, in denen die Findigkeit der
Polizei in Wettbewerb tritt mit der Verschlagenheit der Verbrecher, sondern
durch die Schilderung der Ausübung des polizeilichen
Dienstes, wie er sich heute in den deutschen Großstädten
mit größeren oder geringeren Abweichungen vollzieht, unter syste-
matischer Zugrundelegung der gesetzlichen Funktio-
nen, aber doch mit Einschaltung besonders charakteri-
stischer Fälle aus dem Leben.
Dieser streng systematische Aufbau, der das Hauptgewicht auf eine bis
ins kleinste Detail der polizeilichen Tätigkeit gehende, trotz aller Reich-
haltigkeit aber knappe präzise Darstellung der einzelnen Dienstzweige legt,
bildet einen Hauptvorzug des Werkes. Denn hiedurch gewährt das Buch
nicht bloß einen eingehenden Ueberblick über die ungemein mannigfaltigen
Aufgaben einer neuzeitlichen Polizeiverwaltung als des Organs zur prakti-
schen Ausübung der ganzen staatlichen Verwaltung, sondern es dient gleich-
zeitig den Bürgern wie den anderen Beamtengruppen als zuverlässiges
Hand- und Nachschlagebuchin allen Fragen, die im Leben
des einzelnen wie der Gesamtheit durch ihre Beziehungen zur Oeffentlich-
keit auftauchen. Freilich gestattet der (jetzt schon recht erhebliche) Um-
fang des Buchs dem Verfasser oft nicht, über die preußischen und Ham-
burger Verhältnisse hinauszugehen; immerhin sind in den wichtigeren Ma-
terien auch .die anderen Bundesstaaten und außerpreußische Großstädte
berücksichtigt.
Selbst den Sachkundigen überrascht das ungemein weitreichende Arbeits-
gebiet einer modernen Großstadtpolizei, wie sie in dem Buch geschildert
ist; die Darstellung der inneren Einrichtungen der Hamburger Polizei mit
ihrer Zentrale, ihren telegraphischen Apparaten, ihrem wie ein Uhrwerk