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(des Regierungsorgans) das Klagerecht vor dem Verwaltungsgericht ge-
sichert.
Es hätte das Ausland interessiert, daß die vielbesprochene, sogenannte
passive Resistenz der Komitate seit kurzem gegenstandslos wurde, weil
das neue Gesetz es den Munizipien ermöglicht gegen gesetzwidrige Regie-
rungserlasse an das unabhängige Verwaltungsgericht zu rekurrieren, wel-
ches die ministeriellen Verordnungen und Verfügungen nicht nur bezüg-
lich des konkreten Falles, sondern auch im allgemeinen außer Wirkung
setzen kann.
Der Raummangel verhindert mich, das umfangreiche Werk eingehender
zu beurteilen. Doch kann ich nicht verschweigen, daß das Werk stark
von publizistischen Elementen durchsetzt ist. Das verleiht seiner Behand-
lung ohne Zweifel viel Interesse und Lebendigkeit; auch kann man diese
publizistischen Erörterungen des Verfassers mit dem Bestreben motivieren,
daß er dem Auslande demonstrieren wollte, wie sich die öffentliche Mei-
nung über diese oder jene staatsrechtliche Institution entwickelt. Manch-
mal tritt er auch mit allzu gewagten persönlichen Meinungen hervor, z.B.
bei Behandlung der Herrscherrechte bezüglich der auswärtigen Vertretung.
Die Reform oder gar die Aufhebung der Delegationen und des gemein-
samen Finanzministeriums sind ebenfalls publizistische Meinungen, die den
Rahmen des positiven Verwaltungsrechtes überschreiten. Mit Ausführlich-
keit erörtert er auch die Frage der Verstaatlichung der Verwaltung (Er-
nennung der Komitatsbeamten) und trachtet die Nachteile des Wahlsystems
als unerschütterlicher Anhänger des Ernennungssystems grell zu beleuch-
ten. Jedenfalls kann der ausländische Leser von der aktuellen Bewegung,
welche diese Frage im ungarischen öffentlichen Leben neuerdings aufs Ta-
pet brachte, ein anschauliches Bild gewinnen. Doch überschreiten diese
Erörterungen sicher die Grenzen des positiven Rechtsmateriales.
Schon die heimische Kritik bemerkt — und ich schließe mich der An-
sicht an — daß ein kurzer geschichtlicher Ueberblick, der namentlich die
ungarische Selbstverwaltung berücksichtigen sollte, sehr gut angebracht
gewesen wäre. Es war schade, den geschichtlichen Zusammenhang bei
der Schilderung der Verwaltungsorganisation gerade in einem solchen Lande
zu unterlassen, wo dieselbe mit der tausendjährigen geschichtlichen Ver-
fassung der Nation so eng verwachsen ist. Trotzdem bin ich fest über-
zeugt, daß das Werk auch in seiner gegenwärtigen Form und seinem In-
halt dank seinem klaren, lebendigen Stil sehr dazu geeignet ist, dem Aus-
lande ein getreues Bild von Ungarns freien Institutionen, seiner staatlichen
Unabhängigkeit zu geben, und vor allem zu veranschaulichen, daß dieses
Land bestrebt ist, auf dem Gebiete der geistigen wie auch der wirtschaft-
lichen Kultur den Erfordernissen der modernen Rechtsordnung und Verwal-
tung zu entsprechen. Dies zu veranschaulichen, bezeichnet der Verf. im
Vorworte seines Buches als den erstrebten, schönsten Lohn seines mühe-