Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 32 (32)

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im Haag Geschaffenen ist, wie für das Gesamtwerk, so auch für die Unter- 
suchung WEHBERGS der leitende Gedanke: sie erblickt daher ihre Aufgabe 
darin, an ihrem Teile an der Feststellung der nächsten Ziele dieser Weiter- 
entwicklung durch wissenschaftliche Vorarbeit mitzuwirken. 
Die im Haag geschaffene Organisation zur Schlichtung oder Vermeidung 
internationaler Konferenzen hat ihren Wert vom Standpunkt des Völker- 
rechts nur darin, daß sie eine Möglichkeit bietet, die Normen des Völker- 
rechts zur Anwendung und Geltung zu bringen. Ihr Wert ist daher be- 
dingt durch denjenigen der Normen, in deren Dienst sie stehen. Deren 
Fortbildung ist daher die erste Vorbedingung für ein gedeihliches Funk- 
tionieren der im Haag geschaffenen Institutionen. Durchaus richtig er- 
scheint es daher, wenn Verf. in seiner Untersuchung ausgeht von dem Ge- 
danken der Notwendigkeit einer Fortbildung der objektiven Normen des 
Völkerrechts und seine erste Frage dahin stellt, wie die Haager Einrich- 
tungen für eine Fortbildung der völkerrechtlichen Normen selbst verwert- 
bar gemacht werden können. Sie können dies überhaupt nur, so deduziert 
W., wenn sie wirklich diese Normen zur Anwendung bringen. Das tun sie 
aber nicht, oder wenigstens nicht in klar erkenubarer Weise, wenn sie 
auch nach Zweckmüßigkeitsgesichtspunkten entscheiden, zu denen vor allem 
der der Möglichkeit der praktischen Durchsetzung der beiderseitigen An- 
sprüche, also eine im prinzipiellen Gegensatz zur rechtlichen Beurteilung 
stehende Bewertung nach den Machtverhältnissen gehört. Diese Deduktion 
ist m. E. vollständig überzeugend, ebenso wie die Folgerung, die Verf. daran 
knüpft, daß die Haager Instanz die vor sie zu bringenden Fälle nur nach 
rechtlichen Gesichtspunkten entscheiden dürfe. Juristisch bedenklich er- 
scheint mir jedoch die formale Bedeutung, die Verf. jener Folgerung geben 
zu müssen glaubt: Die Haager Instanz darf nicht mehr ein Schiedsgerichts- 
hof bleiben, denn es ist das Wesen der Schiedsgerichtsbarkeit, daß sie nicht 
nur nach rechtlichen Gesichtspunkten, sondern auch nach solchen der 
Zweckmäßigkeit entscheidet. Ist das aber wirklich das Wesen der Schieds- 
gerichtsbarkeit, insbesondere der völkerrechtlichen Schiedsgerichtsbarkeit? 
Ich glaube nicht. Gewiß lassen sich zahlreiche Fälle nachweisen, in denen 
internationale Schiedsgerichte sich von Zweckmäßigkeitserwägungen haben 
leiten lassen. Das beweist aber nichts für den Charakter, den das Schieds- 
gericht im System des Völkerrechts hat. Dies System ist doch kein anderes 
als das des römischen Rechts: das Naturrecht, aus dem sich das Völker- 
recht entwickelt hat, hat alle freien rechtsbildenden Gedanken, die materiell 
sein Wesen kennzeichnen, formell aufgebaut auf die systematischen Grund- 
gedanken, die es im römischen Recht fand. Im römischen Recht aber ist 
die Schiedsgerichtsbarkeit nichts anderes als eine besondere Form der 
Rechtsprechung, bestimmt durch die Person des Richters, die nicht der 
allgemeinen öffentlichen Organisation, sondern der freien Vereinbarung der 
Parteien entnommen war. Ist es sonach juristisch nicht unbedenklich, die
	        
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