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örterung des materiellen Polizeirechts außer meiner in dieser Zeitschrift
veröffentlichten Untersuchung über das französische Polizeirecht nicht gab,
so hat sich seitdem der Standard der Wissenschaft des Polizeirechts außer-
ordentlich geändert. Noch im selben Jahre 1911 erschienen FLEINERSs „In-
stitutionen* mit einer weitgehenden Erörterung unserer Materie und für
das preußische Recht der außerordentlich gründliche Kommentar von FRIED-
RICHS über das „Polizeigesetz“. An wissenschaftlicher Gediegenheit steht
m.E. jedoch die jetzige Bearbeitung von JELTINFK an der Spitze. Um so
mehr erscheint es mir bedauernswcert, daß sie nicht, getrennt von dem
ersten Teile, veröffentlicht ist, und unter Beschränkung auf ein einzelnes
Landesrecht, etwa das preußische (wobei ja rechtsvergleichenden Heran-
ziehungen keine Schranke gezogen wäre) wirklich positives Recht bearbeitet
hat. Denn, so sehr die Arbeit in ihrer vorliegenden Gestalt auch für die
Kenntnis der einzelnen positiven Rechte förderlich ist, für die Praktiker,
denen eine Fortbildung dieser Kenntnis oft so sehr zu wünschen wäre, ist
jene allgemeine Gestalt des Werkes ein Grund — wie oft habe ich diesen
nicht schon hören müssen —, es als praktisch nicht verwendbar unberück-
sichtigt lassen zu können. Wolzendorff.
Brinkmann, Karl, Freiheit und Staatlichkeit in derälteren
deutschen Verfassung. München und Leipzig (Duncker und
Humblot) 1912, 52 S.
Die gedanklich sorgfältige und durch klare, alle Weitschweifigkeiten
vermeidende Darstellung ansprechende kleine Arbeit trägt ihrem Gegen-
stande und unmittelbaren Zwecke nach rein historischen Charakter. Ihr
Grundgedanke, die gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und staatlichen Ele-
mente der älteren deutschen Verfassung nur mit einem ihrem inneren Wesen
entsprechenden Maßstabe, nicht mit dem späterer öffentlicher Zustände zu
messen, und daraus rechtliche und politische Werturteile für das damalige
Verhältnis von Freiheit und Staatlichkeit zu gewinnen, ist aber auch für
die allgemeine Staatslehre von Interesse, insbesondere für die Lehre von
Wesen und Bedeutung der staatsfreien Sphäre im System des Staatsrechts
und den in ihm sich ausdrückenden politischen Ideen.
Da es hier nicht am Platze sein kann, den der Arbeit zugrunde liegen-
den rechtshistorischen Befund nachzuprüfen und die Einzelheiten seiner
rechtlichen und staatswissenschaftlichen Bewertung durch den Verf. zu er-
örtern, mag nur auf einiges für die allgemeine Staatslehre besonders Inter-
essantes hingewiesen werden. So findet Verf. für die Siedelungsgenossen-
schaft, wie sie sich in römischen Nachrichten spiegelt, trotz des Vorhanden-
seins wirtschaftlich abhängiger Arbeiterkreise in der Landwirtschaft, das
Charakteristische in der prinzipiellen wirtschaftlichen Freiheit der einzelnen,
gebunden durch die Genossenschaftlichkeit. In den Siedelungsgenossen-