Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 32 (32)

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schaften der Volksrechte entspricht dann dem Ueberwiegen genossenschaft- 
licher Gesichtspunkte in allen Grundlagen des Volksrechtslebens ein Zurück- 
treten desjenigen der Freiheit des einzelnen. Tatsächlich ist auch dem 
Gedanken der Genossenschaftlichkeit gegenüber kein Raum für denjenigen 
der Freiheit, weil diesem der Gegensatz fehlt. Bezeichnend ist es daher, 
daß die Bezeichnung „Volksfreiheit* im langobardischen Recht aufgetreten 
ist nur dadurch, daß hier ein außerhalb des genossenschaftlichen Rechts- 
ausgleichs liegender begrifflicher Gegensatz sich entwickelt hat in der 
Rechtsstellung der unterworfenen Römer; auch in anderen Rechten, dem 
salischen z.B., zeigt sich die Bedeutung der Freiheit nur im Gegensatz zur 
Sklaverei. Ebenso ist in der Einzelwirtschaft der Karolingerzeit dieser 
Gesichtspunkt allein noch von Bedeutung z. B. für die Scheidung zwischen 
der Allgemeinheit der abhängigen Bauern und einer der Tradition nach 
noch „freien“ Oberschicht innerhalb dieser Klasse und die Verschieden- 
artigkeit ihrer rechtlichen Folgen. Aber auch in den Siedlungsgenossen- 
schaften der Karolingerzeit begründet nach den Darlegungen des Verf. die 
Marksetzung nicht ein Gewaltverhältnis gegenüber der königlichen Macht, 
das die Begründung eines Begriffes staatsbürgerlicher Freiheit als Gegen- 
satz hätte verursachen können, denn es nımmt nur in ıhr „der Wille der 
Volksgesamtheit, verkörpert durch den König und seine Diener, einfach das 
für sie in Anspruch, was ihr Bewußtsein, dargestellt in dem Urteil der 
freien Siedlungsgenossen, als von Alters her für sie bestimmt, ihr zustehend 
erkannt“. Selbst in der Siedlungsgenossenschaft der grundherrlichen Zeit 
sehen wir in der Darstellung des Verf. die auf dem „genossenschaftlichen 
Gerüst der deutschen Gesellschaft“ aufgebaute Rechtsauffassung der Frei- 
heit noch weiterwirken, wie sie sich zusammensetzt aus den zwei Elementen: 
„Freiheit von jeder anderen als öffentlichen Gewalt“ einerseits, „genossen- 
schaftliche Zusammensetzung und Handhabung dieser Gewalt“ andererseits. 
Dies Ergebnis der historischen Untersuchungen B.s ist für die Lehre 
vom Staat und seinem Recht von gar nicht hoch genug einzuschätzender 
Bedeutung. Die historisch erwiesene Tatsache, daß — wenigstens in dem 
rechtlichen Denken und Empfinden des deutschen Volkes — die genossen- 
schaftliche Bindung nie eine Veranlassung gegeben hat, den seinem Wesen 
nach negativen (durch den Gegensatz zu einer Beschränkung gegebenen) 
Begriff der Freiheit im Sinne einer Freiheit vom Staate auszubilden, zeigt, 
daß solche genossenschaftliche Bindung nie als „Beschränkung“ empfunden 
worden ist. Diese staats- und rechtswissenschaftliche Erkenntnis ihrerseits 
ist nun von der allergrößten Wichtigkeit für die Beurteilung unseres heuti- 
gen Staats- und Rechtslebens und seiner Entwicklungsmöglichkeiten, denn 
in den neuen Rechtsbildungen unserer Tage spielt der Gedanke der Ge- 
nossenschaftlichkeit wieder eine große und zunehmende Rolle. Da ist es 
denn für die Lebens- und Fortbildungsfähigkeit der auf jenen Gedanken 
gestellten Rechtebildungen von entscheidender Bedeutung, daß die genossen-
	        
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