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landesgesetzlichen Bestimmungen der 5 größten Bundesstaaten
(Preußen, Bayern, Württemberg, Sachsen und Baden) mitgeteilt, welche
sich mit unserer Materie befassen. Von besonderem Interesse sind die
Ausführungen des Verfassers über das Wesen und die Wertung der ein-
zelnen Haftsysteme (Einzel- oder Gemeinschaftshaft), sowie die Vorzüge
und Nachteile derselben.
Im dritten Hauptstück werden zunächst die oben erwähnten Grund-
sätze des Bundesrats über den Vollzug der Freiheitsstrafen einer Kritik
unterzogen und dabei eine Reibe moderner Probleme erörtert (Behandlung
der Rückfälligen, Einzelhaft oder Gemeinschaftshaft, Gefängnisarbeit, Selbst-
beköstigung, Regelung der religiösen Frage, Unterrichts- und Gesundheits-
pflege, bedingter Strafaufschub). Vollständig beistimmen müssen wir dem
Verfasser, wenn er es als eine „unzulässige Pression* auf den Verurteilten
bezeichnet, daß diesem die Untersuchungshaft im Falle der Verwerfung
des Rechtsmittels nicht angerechnet wird. In einem Schlußkapitel werden
zum Teil im Anschluß an die Schrift OETKERS (Strafen und sichernde
Maßnahmen nach dem Vorentwurf zu einem deutschen Strafgesetzbuch)
die in diesem Vorentwurf enthaltenen Reformvorschläge besprochen. Ver-
fasser tritt mit Recht für eine scharf ausgeprägte Gliederung der verschie-
denen Straftaten ein und plädiert gegen die Aufhebung der Todesstrafe,
er billigt bei Roheits- und Bosheitsdelikten, sowie bei wiederholten Rück-
fällen eine Strafverschärfung durch Kostminderung und hartes Lager, so-
wohl bei Zuchthaus, wie auch bei der Gefängnisstrafe; sodann wird das
Institut der vorläufigen Entlassung, der „bedingten Verurteilung“ und die
Frage der Reorganisation der Geldstrafe erörtert. Mit Recht tritt Verfas-
ser für eine möglichst einheitliche Rechtsgestaltung des Straf-
vollzugs ein. Ob zur Erreichung dieses an sich sehr erstrebenswerten
Zieles die Einführung von „Reichsgefängnisinspektoren‘ notwendig oder
auch nur wünschenswert ist, möchten wir bezweifeln. Jedenfalls ist aber
die Lektüre der bemerkenswerten Schrift nicht nur den berufsmäßig mit
dem Strafvollzug befaßten Beamten zu empfehlen, sie bietet vielmehr auch
weiteren Kreisen, die sich für eines der wichtigsten Probleme unseres mo-
dernen Rechtslebens interessieren, eine sehr willkommene sorgfältige Orien-
tierung.
Rechtsanwalt Dr. Josef Thaler-Würzburg.
Dr. jur. H. Seeholzer, Staat und römisch-katholische Kirche
in den paritätischen Kantonen der Schweiz. Verlag
von Rascher u. Cie., Zürich und Leipzig 1912. 181 8.
Als Zweck dieser Arbeit bezeichnet der Verfasser eine zwar nicht er-
schöpfende, aber sachliche Darstellung der Rechtsstellung der Angehörigen
der römisch-katholischen Kirche in den sogenannten paritätischen Kantonen
der schweizerischen Eidgenossenschaft.