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dem Einkommen von 120 Talern (und dürftigem Kolleggeld) mußte die
Doppelstellung als Rat bei der ostpreußischen Regierung für den Unter-
halt aushelfen. Die Praxis und eine übermäßige Vorlesungstätigkeit standen
literarischer Produktion entgegen, vielleicht auch besondere Neigung, die
sich frühe schon einer Tätigkeit in den Geschäften der Universität zuwandte,
für deren, allerdings dringend erforderliche, Reform an Haupt und Glie-
dern HEIDEMANN sich einsetzte. Nicht ohne Interesse ist es, daß er durch
ein Spezialvotum für eine bessere juristische Schulung der Kameralisten
eintrat, namentlich im Völkerrecht, im preußischen Staatsrecht, im Straf-
recht. Zu einer Entfaltung der besonderen Fähigkeiten des Mannes brachte
es aber erst der Zusammenbruch des preußischen Staates. HEIDEMANN ge-
hörte nicht zu denen, die rasch dabeı waren, alle Schuld auf die Einrich-
tungen der Vergangenheit zu wälzen (vgl. S. 46/47 in einem Programm
von 1808 über die Vorzüge des Erbadels). Mit Freimut, und nicht ohne
persönlichen Nachteil, bekannte er sich aber auch in einem von ihm ge-
gründeten „Bürgerblatt für Ost- und Westpreußen“ (Anfang 1809) zu der
Notwendigkeit einer Aufklärung des Bürgers an dem Stande der Gesetz-
gebung, um ihn reif zu machen für die Mitarbeit an der Gesetzgebung.
Diese Publizistik empfahl ihn als den Mann, den die durch die Kriegs-
schuld gedrückte Stadt Königsberg brauchte, um die ihr gesetzlich bei-
gelegte Selbstverwaltung auch durchzuführen. HEIDEMANN wurde im eigent-
lichen Sinne zum ersten Bürgermeister der Stadt gewählt (1818) mit dem
bemerkenswerten Gehalte von 3500 Talern. Bei der Regelung des Armen-
wesens (S. 88), der Organisation der Bürgermiliz (S. 91), im Schulwesen,
bei dem Durchzug der französischen Truppen 1812/13 bewies er seine or-
ganisatorischen Fähigkeiten. Was seine Wirksamkeit aber über die bloß
örtliche Bedeutung heraushebt, ist eben der Umstand, daß HEIDEMANN be-
rufen war, die neue Städteordnung unter den Augen ihrer Schöpfer zu er-
proben. Da fehlte es weder an Schwierigkeiten durch die Regierung, die
von dem Geiste der Selbstverwaltung nur unklare Vorstellung hatte, noch
durch die Stadtverordneten, die auch HEIDEMANN erkennen ließen, um wie
viel leichter es für ihn gewesen war, in unverantwortlicher Stellung die
Rechte der Bürgerschaft mit Worten zu verfechten als nach den selbst
aufgestellten Grundsätzen zu verfahren. Was der Verfasser S. 54 f. über
die Schwierigkeiten, auf die man bei der Durchführung der Städteordnung
in Königsberg stieß, sagt, ist ein dankenswerter Beitrag zu der der Auf-
klärung bedürftigen Geschichte der Selbstverwaltung in Preußen. In die
Wirkungen der HARDENBERGschen Reformgesetzgebung, die sich in der Praxis
anders als aufdem Papiere ausnahm, leuchtet die Darstellung hinein (S. 109);
dabei hat auch eine Denkschrift HEIDEMAnNns für die 1811 nach Berlin ein-
berufene Notabelnversammlung eine nicht unwesentliche Rolle gespielt
(S. 114). Ueberall wird in dem vorliegenden Werke das Oertliche in das
Zeitgeschichtliche eingestellt; zeichnet, was der Verfasser in mühevollem