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maßregel zu einer positiven materiellen Gesetzesbestimmung
in sachlich noch strengerer Form. Während die Nichtbeachtung
der durch den Bundesratsbeschluß auferlegten Mitteilungspflicht
keine rechtlichen Folgen für die sonst ordnungsmäßig erfolgte
Einbürgerung hatte, macht eine ohne vorherige Feststellung des
Reichskanzlers zugelassene Einbürgerung diese nichtig (PILOTY.
Nachträge S. 900). Belanglos für die Einbürgerung ist, ob der
Reichskanzler die einzelnen Bundesstaaten befragt, seine An-
sicht darüber, ob Bedenken von den Bundesstaaten geltend ge-
macht oder ob sie begründet sind, sodann, ob der Bundesrat beim
Vorliegen von Bedenken diese richtig beurteilt. Der einbürgernde
Bundesstaat erhält die formelle Legitimation zur Einbürgerung
durch die formelle Feststellung des Reichskanzlers.
Die Bundesstaaten bedürfen der formellen Legitimation nicht,
wenn es sich um einen ehemaligen Staatsangehörigen oder
deren Deszendenz oder Adoptivkinder handelt ($ 9 II 1); sodann
bei Ausländern, die im Deutschen Reich geboren sind. wenn sie
sich in dem Bundesstaate, bei dem der Antrag auf Einbürge-
rung gestellt wird, bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres dauernd
aufgehalten haben und die Einbürgerung innerhalb zweier Jahre
nach diesem Zeitpunkt beantragen ($ 9 II 2).
Es sei noch erwähnt, daß die Bedenken, die von dem Bun-
desstaate erhoben werden können, nur darauf gestützt werden
dürfen, daß die Besorgnis bestehe. daß die Einbürgerung des An-
tragstellers das Wohl des Reiches oder eines Bundesstaates ge-
fährden würde. Andere Bedenken würden vom Reichskanzler un-
berücksichtigt gelassen werden können. da er nur dann verpflichtet
ist, dem Bundesrat seine Feststellung zur Beschlußfassung zu
unterbreiten, wenn Bedenken der besonders erwähnten Art er-
hoben werden. Diese Bestimmungen sind hauptsächlich darauf
zurückzuführen, daß Bedenken religiöser Art als nicht zum Wider-
spruch berechtigend angesehen werden sollen.