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das Gesetz muß das Unterlassen solcher Handlungen mit Strafe
bedrohen, so daß von vornherein ein gewisser Antrieb zum Handeln
gegeben ist, oder die Polizei muß, wenn sie nach dem Gesetz
dazu in der Lage ist, zum indirekten Zwang greifen und durch
Androhung von Uebeln für den Fall des Unterlassens den fehlen-
den Willen zum Handeln hervorzurufen suchen.
In der Praxis °® wird in solehen Fällen die vorzunehmende
Handlung häufig in zwei Abschnitte geteilt: einen, dessen Inhalt
auch ohne Willensbetätigung des Verpflichteten vollzogen werden
kann, und einen, bei dem sein Wille notwendig mitwirken muß.
Man erzwingt dann den ersten Teil durch Anwendung physischer
Gewalt in der Erwartung, daß der zweite Teil der Handlung sich
daraufhin von selbst ergeben wird. So insbesondere in den Fällen
der Verpflichtung zum Erscheinen vor der Polizeibehörde zwecks
Auskunftserteilung °°. Der zur Erteilung der Auskunft Verpfliehtete
wird, wenn er nicht erscheint, häufig mit Gewalt vor die betref-
fende Behörde gebracht, und man erwartet dann, daß er in dieser
Lage die von ihm verlangte Auskunft nunmehr erteilen wird.
Es sei hier ganz abgesehen von dem Einwand, den OTTO
MAYER®® macht, daß es sich hier eigentlich weniger um Erzwingung
der Handlung als um eine Reaktion der Polizeibehörde handle,
die ihre Autorität durch den Ungehorsam verletzt fühle. Hierzu
kommt noch, daß hier eigentlich gar nieht ein direkter Zwang
ausgeübt wird. Denn bei der verlangten Auskunftserteilung ist
das Erscheinen ganz unwesentlich, und nur das (willkürliche) Aus-
sagen wesentlich. Das geht am besten daraus hervor, daß ın
zahlreichen Fällen, so z. B. in dem schon erwähnten des $ 23
des Weingesetzes oder in solchen Fällen, wo eine schriftliche
Auskunft genügt, das Erscheinen wegfällt. Hier kann also gar
5®® Vgl. RGSt. XIII. 426.
59 Otto MAYER I. S. 345 und die dort zu Anm. 33 zitierten Entschei-
dungen.
60 OrTTo MAYER I. S. 345.
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