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der Landesordnung habe der Landtag nur das Recht, Anträge
auf Abänderung der Landesordnung zu stellen. nieht aber die
Kompetenz, Abänderungen zu beschließen, verdient keine ernste
Widerlegung. Auch das Grundgesetz über Reichsvertretung von
1861 sprach im $ 14 nur von „Anträgen auf Aenderungen in diesem
Grundgesetz“. Bis zum Jahre 1867, in welchem der Wortlaut des
Grundgesetzes über die Reichsvertretung dahin abgeändert wurde,
daß „Aenderungen in diesem Grundgesetze ... gültig beschlossen
werden können“, wäre somit weder der Reichsrat zur Aenderung
der Reichsverfassung, noch der Landtag zur Aenderung der Lan-
desverfassung kompetent gewesen. \Wer aber sonst? Offenbar
bedeutet die Bestimmung des $ 38 der Landesordnung wie die des
S 14 des Grundgesetzes über die lleichsvertretung von 1861, daß
Aenderungsanträge der bestimmten Majorität benötigen, um gültige
Gesetzesbeschlüsse zu werden!
Wenn man den $ 38 der Landesordnung als gültig voraus-
setzt, ist es vergebliche Mühe, dem Reichsgesetzgeber irgendeine
Kompetenzhoheit über die Landesgesetzgebung zu vindizieren.
Was soll man sich darunter denken, wenn LINGG schließlich zu
dem Resultate kommt, der Reichsgesetzgeber sei kompetent, „Ge-
setzesinhalte festzusetzen, welche materiell, wenn auch nicht for-
mell, eine Abänderung der Landesordnungen zum Inhalte haben “ ®*.
Und ebenso unmöglich ist die Annahme, die Landesordnung könne
durch Reichsgesetz zwar nicht abgeändert, aber doch ergänzt
werden! Denn jedes Normsystem wird mit seiner Ergänzung
abgeändert! Was speziell die Möglichkeit betrifft, den Wir-
kungskreis der Landesgesetzgebung durch Reichs-
gesetzzu erweitern, so scheint tatsächlich die Landesordnung
selbst dazu eine Handhabe zu bieten. Der $ 18 Abs. III erklärt
als Landesangelegenheit: „Die Anordnung über sonstige die Wohl-
fahrt oder die Bedürfnisse des Landes betreffende Gegenstände,
a A. a. O0. S. 125.
Archiv des öffentlichen Rechts. XXXII. ?fA. 297