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welche durch besondere Verfügungen der Landesver-
tretung zugewiesen werden.“ Daß unter dieser besonderen „Ver-
fügung“ ein Reichsgesetz zu verstehen ist, geht aus der Landes-
ordnung selbst keineswegs hervor; allerdings auch nicht, wem
sonst das „Verfügungs“recht eingeräumt wird, der Landesgesetz-
gebungskompetenz Gegenstände zur Normierung zuzuweisen. Da
aus den übrigen Bestimmungen, aus dem ganzen Geiste der Lan-
desordnung hervorgeht, daß zu solcher „Verfügung“ weder ein
legislatives, noch ein exekutives Organ zuständig ist, müßte die
Vorschrift des $ 18 Abs. III eigentlich als gegenstandslos be-
trachtet werden®®. Sollte man aber der fraglichen Stelle dennoch
den Sinn abzwingen, daß der Reichsgesetzgeber dem Landesgesetz-
geber Kompetenzen über die im Februarpatent gezogene Grenze
zuweisen könne, so ist damit keinesfalls die Kompetenzhoheit des
Landesgesetzgebers in Frage gestellt. Man darf zunächst nicht
übersehen, daß mit dieser dem Reichsgesetzgeber gegenüber dem
Landesgesetzgeber eingeräumten Kompetenz keinesfalls dem letz-
teren die Möglichkeit genommen ist, seine Kompetenz daneben
für sieh allein nach den Bestimmungen des $ 38 der Landesordnung
zu erweitern. Man darf des weiteren nicht vergessen, daß die Be-
stimmung des $ 18 Abs. Ill jederzeit durch ein die Landesordnung
abänderndes Landesgesetz ohne Zustimmung des Reichs-
gesetzgebers aufgehoben werden kann. Und schließlich beruht
die dem Reichsgesetzgeber eingeräumte Kompetenz, die in der
Landesordnung von 1861 festgesetzte Kompetenz des Landesgesetz-
gebers zu erweitern, auf der Landesverfassung! Der
Reichsgesetzgeber, der dem Landesgesetzgeber in Ausführung des
& 18 III der Landesordnung eine Angelegenheit zur gesetzlichen
Regelung überweist, erscheint als Delegatar des Landesgesetz-
gebers! Seine bezügliche Kompetenz beruht nicht auf einer Be-
stimmung der nur von ihm selbst abänderbaren Reichsverfassung,
35 WEYR, a. a. OÖ. S. 25.