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selbstverständlich, daß die Kompetenzhoheit des letzteren unbe-
rührt bleibt. Nur kraft Kompetenzhoheit des Landesgesetzgebers
ist ja eine solche Delegation an den Reichsgesetzgeber denkbar.
Die Bestimmung des Reichsgesetzes (über die Reichsvertre-
tung $ 122) bleibt vom Standpunkte der Landesverfassung jeden-
falls irrelevant.
Die richtige Erkenntnis, daß unter Voraussetzung der Gültig-
keit von Landesordnung und Grundgesetz über die Reichsvertretung
(von 1867) sowohl dem Reichsgesetzgeber als auch dem Landesge-
setzgeber Kompetenzhoheit zuzusprechen ist, hat in der neueren
Literatur WEYR ausgesprochen °°. Seiner Begründung freilich kann
nicht ganz beigepflichtet werden. Es ist streng genommen nicht
richtig, wenn WEYR behauptet, es sei nirgends bestimmt, daß
nur eine von den beiden Körperschaften zur Aenderung der Kom-
petenzgrenzen berufen wäre. Im Gegenteil! Dies ist sogar z wei-
m a1 bestimmt, nur wird jedesmal einem anderen Gesetzgeber die
Kompetenzhoheit eingeräumt! In der Reichsverfassung, speziell
dem Grundgesetz über die Reichsvertretung wird die Abänderung
der Kompetenzbestimmungen dem Reichsgesetzgeber, in der Lan-
desverfassung, d. h. in den Landesordnungen, dem Landesgesetz-
seber vorbehalten. Vom Standpunkt der Reichsverfassung aus
kann niemand anders als der Reichsgesetzgeber die Kompetenz-
grenze ändern, vom Standpunkte der Landesverfassung aus nur
der Landesgesetzgeber! Es ist unrichtig, wenn WEYR behauptet:
„Nirgends wird festgestellt, daß eine Aenderung der Bestimmung
des $ 11 Staatsgrundgesetz über die Reichsvertretung nur durch
ein Reichsgesetz erfolgen könnte“. Denn $ 15 Abs. 2 dieses
Grundgesetzes sagt ausdrücklich: „Aenderungen in diesem Grund-
gesetz.... können nur mit einer Mehrheit von mindestens zwei
Drittel der Stimmen gültig beschlossen werden“. Zweifellos mit
einer Mehrheit von zwei Drittel des Reichsrates, also zweifellos
nur durch ein Reichsgesetz. Und ebenso bestimmt die Landes-
®® A.2.0. S. 20.