Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 32 (32)

gleichen Weise argumentiert, wie jene, die aus dem Art. 7 das 
Recht des Richters herausliest, die gehörige Kundmachung zu 
prüfen und die argumentiert: wenn der Richter nur gehörig 
kundgemachte Gesetze nicht prüfen darf, so muß er vorerst 
prüfen, ob sie gehörig kundgemacht sind. Wenn er nur Gesetze 
nicht prüfen darf, so muß er vorerst prüfen, ob ein „Gesetz“ 
vorliegt. Daß diese letztere übrigens logisch korrekte Inter- 
pretation dem Art. 7 jeden Sinn nimmt, rührt daher, daß dieser 
Art. 7 selbst sprach- und rechtslogisch widersinnig ist. Er un- 
tersagt dem Richter zu prüfen, ob ein „Gesetz“ gültig oder un- 
gültig sei. Ein „Gesetz“ im Sinne der Verfassung kann aber nur 
gültig sein; ein ungültiges Gesetz ist ein Nicht-Gesetz, ist eben 
kein Gesetz im Sinne der Verfassung. Es ist unsinnig, die Prüfung 
zu untersagen, ob ein Gesetz gültig ist, denn nur wenn ein Gesetz 
gültig ist, ist es auch ein Gesetz. Der Art.7 will eben nicht nur die 
Prüfung von Gesetzen, sondern auch von Nicht-Gesetzen, kurz von 
allem, was als Gesetz publiziert ist, untersagen, drückt aber 
seine Absicht offenbar falsch aus. Denn die logisch-grammatische 
Interpretation des Wortlautes des Art. 7 gäbe dem Richter das volle 
materielle und formelle Prüfungsrecht. Interpretiert man aber den 
Art. 7 seiner offenbaren Absicht nach, so daß er überhaupt einen Sinn 
bekommt, so erscheint eine Gesetzesnichtigkeit aus materiellen 
Gründen für ausgeschlossen. Es gibt kein gehörig kundgemachtes 
(aber aus anderen Gründen) nichtiges (ungültiges) Gesetz. Alles, 
was als Gesetz — Reichs- oder Landesgesetz — den Publikations- 
vorschriften entsprechend kundgemacht wird, ist als Gesetz vom 
Richter und ebenso von jedem anderen Staatsorgane anzuwenden 
und vom Untertan zu befolgen, ist somit gültig, ohne Rück- 
sicht darauf, ob die Voraussetzungen gegeben sind, die — außer 
der Publikation — von der Verfassung an anderer Stelle für das 
Zustandekommen eines Gesetzes gefordert werden. Streng juri- 
stisch betrachtet läßt die Verfassung damit alle Voraussetzungen 
mit Ausnahme der die Publikation betreffenden wieder fallen.
	        
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