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ad. 1. Fast in der ganzen Literatur, mit nur wenigen Aus-
nahmen’, wird das System, auf Grund dessen sich die Kammer
allein die Geschäftsordnung gibt, als das der Autonomie bezeich-
Sachsen-Koburg-Gotha G. vom 29. III. 1908 (GS. 51); Braunschweig G. vom
6. VI. 1892 (G. u. VBI. 103) und Neuredaktion auf Grund des Art. III die-
ses Gesetzes vom 20. I. 1893 (G. u. VBl. 87); Oldenburg G. vom 17. IV.
1900 (GBl. 401 ff., die Neuredaktion 409 fi.); Anhalt G. vom 24. I. 1876
(GS. 1878, 65); Schwarzburg-Rudolstadt G. vom 19. I. 1872 (GS. Nr. VIII
S. 77); Hamburg G. vom 23. III. 1881 (GS. 121); Oesterreich G. vom 12. V. 1873
(RGBl. Nr. 94 S. 353); die Ermächtigung zur Schaffung von Disziplinar-
vorschriften ist im & 16 II des Gesetzes vom 21. XII. 1867 (RGBl. Nr. 141)
zu erblicken; darüber s, u. Die zahlreichen Aenderungen dieser Gesetze
kommen für die parl. Disziplin nicht in Betracht.
5 Daneben gab es früher noch ein System, welches man das Ver-
einbarungssystem nennen kann. Dieses herrschte in Württemberg
(s. v. Mour, WüStR. 2. Aufl. 1846 I, 698) und Bayern (s. v. SEYDEL bayrStR.
2. Aufl. 1896 Bd. 1455 ff.), im Anschluß an das in Frankreich gegebene Vorbild
(s. HATSCHEK 1431, 432, 441), Dabei wurde die GO. von der Regierung gemein-
sam mit dem Landtag festgesetzt. — Heut werden nur noch einzelne Teile
„vereinbart“, vor allem die, welche die Beziehungen des Parlaments zur Re-
gierung betreffen (so z. B. Waldeck VU. 60 I. Von manchen wird ge-
fordert, daß diese Punkte auch in den übrigen Staaten nur durch Ueber-
einkunft geregelt werden könnten (so von SCHWARTZ, Die Verfassungsur-
kunde für den preußischen Staat 2. Ausg. 1898 S. 229/30; v. RÖNNE-ZORN,
Das Staatsrecht der preußischen Monarchie 5. Aufl. Bd. I 1899 S. 397; v.
RÖöNNE deutsches StR. Bd. I 2. Aufl. 1876 S. 283; SCHULZE, Lehrbuch des
deutschen Staatsrechts 1881 — zit. D. I und D. II — 1482). Allein im
deutschen Einzelstaatsrecht spricht die Vermutung für die Krone, im
Reich für den Bundesrat, und nicht für das Zusammenwirken, so daß es
Sache der Regierung wäre, diese Teile allein zu regeln (s. ANSCHÜTZ Enzykl.
139/40 ; DERS., Gegenwärtige Theorien über den Begriff der gesetzgeben-
den Gewalt usw. 2. Aufl. 1901 7 Anm. Dagegen ScHuLzE D. I 477, Pr. I
609/10. Gegen unsere Meinung auch JELLINEK, Ausgewählte Schriften und
Reden 1911 — zit. Schr. —II 261). Eine derartige Vlebereinkunft ist juri-
stisch eine echte rechtsetzende Vereinbarung, die nicht, wie
in meiner parlamentarischen Sondergewalt N. 3 i. f. S. 17 angenommen
wurde, nur von Personen, sondern auch von Organen getroffen werden kann
(vgl. JELLINEK Syst. 204); hier sind es die die Regierung bildenden Organe
und das Parlament als Gesamtorgan.
55 AnscHüTz Enzykl. 144; Ders. N. 16 bei G. Meyer 210; JELLINEK,
System der subjektiven öffentlichen Rechte, 2. Aufl. 1905 8. 169; O. Mayer,
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