Der Bundesrat als Gesetzgebungsorgan.
Von
Dr. WALTHER RAUSCHENBERGER, Frankfurt a. M.
Die Funktionen des Bundesrates bei der Gesetzgebung sind
näher bestimmt in Art. 5 Abs. 1 und Art. 7 Ziff. 1 der Reichs-
verfassung.
Diese lauten:
Art.5 Abs. 1: „Die Reichsgesetzgebung wird ausgeübt durch
den Bundesrat und den Reichstag. Die Uebereinstimmung der
Mehrheitsbeschlüsse beider Versammlungen ist zu einem Reichs-
vesetz erforderlich und ausreichend.“ Art. 7 Ziff. 1: „Der Bundes-
rat beschließt über die dem Reichstag zu machenden Vorlagen
und die von demselben gefaßten Beschlüsse.“
Die herrschende Lehre erblickt in letzterer Bestimmung, Art. 7
Ziff. 1 RV., das dem Bundesrat zugeschriebene Sanktionsrecht
ausgesprochen. Danach ist der Bundesrat als Träger der Sou-
veränität der eigentliche Gesetzgeber; er allein verleiht durch
seine Sanktion dem Gesetze die verbindliche Kraft; der Reichstag
dagegen ist auf das Recht der Zustimmung zum Erlasse des
Gesetzes beschränkt. Er ist zwar unmittelbares, aber unselb-
ständiges Staatsorgan, dem kein imperium, kein Anteil an der
Substanz des Staatswillens zusteht!. Das Verhältnis von Mon-
ı Vgl. JELLINEK, Gesetz und Verordnung 8. 314; Allgemeine Staats-
lehre 2. Aufl. S. 354, 692.