Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 32 (32)

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barung für die Geschäftsordnungen nicht an. Sie bezeichnet sie viel- 
mehr,sofern siesich der „ Autonomie *“ entgegenstellt, alsVerwaltungs- 
verordnungen’’. Dagegen spricht aber, daß sie, weil objektives Recht, 
Rechtssätze enthalten’®, d. h. also Normen, die in Freiheit und 
Eigentum der Unterworfenen eingreifen. Dahin gehört der größte 
Teil der Regeln, die sich mit der Disziplin und der Sondergewalt 
(s. u. $ 4) befassen, aber nicht beispielsweise die, welche die Wahl- 
prüfungen behandeln. Allerdings enthält das Urteil, welches eine 
Wahl für niehtig erklärt, einen solchen Eingriff, und der Satz, 
der Erlassung des Urteils gestattet, ist daher ein Rechtssatz. 
Dieser hat aber bei unserem System seine Stellung in der Ver- 
fassung; wird er von den Geschäftsordnungen wiederholt, so ist 
diese Wiederholung ein staatsrechtliches nihil. — Die Abgeord- 
neten haben freilich, wenn man mit uns annımmt, daß die Ge- 
schäftsordnung Rechtssätze enthalte, dem Parlament gegenüber in 
gewissem Sinn die Stellung wie die Untertanen zum Staat. Der 
Unterschied besteht aber darin, daß der Staat über seine Unter- 
tanen herrscht, d. h. unwiderstehliehe, unbedingte und unbefristete 
Gewalt übt, das Parlament jedoch nur über Sondergewalt, d. h. 
7° ANSCHÜTZ bei G. MEYEr 210 N. 6; JELLINEK Syst. 169; Ders. 
Schr. II 253, zweifelnd S. 254: „Ist die Geschäftsordnung eine Art der Ver- 
ordnung, so wird sie unter die Kategorie der organisatorischen Verordnung 
fallen, bei der es ja so schwer ist, die Grenze zwischen Rechtssatz und Nicht- 
rechtssatz zu ziehen.“ 
76 Anders für Sachsen mit Recht O. MAYER StaatsR. 141. (Begrün- 
dung s. u. Note 90). Verkannt ist die Natur der GO. von BENDIX JW. 
1912 667. Er sagt von ihrer Verbindlichkeit: „Diese Verbindlichkeit hat 
insofern einen eigenartigen Charakter, als sie keine Rechtspflichten im 
strengen Sinne des Wortes erzeugt... . vielmehr handelt es sich bei ihr 
um eine auf Uebung und im Willen der Majorität beruhende, . . . statu- 
tarische Konventionalregel, der sich als solcher alle der Körperschaft (!) 
angehörigen Mitglieder unterwerfen und ohne die Möglichkeit eines Rechts- 
zwanges nach den außerrechtlichen (?) Grundsätzen eines parlamentarischen 
Systems zu unterwerfen haben, weil dieses allein den gesitteten Verkehr 
unter ihnen und einen geordneten Geschäftsgang ermöglicht“. Sie sei 
„mehr ein verwaltungsmäßiges . . . Regulativ. Seine Verletzung löst regel- 
mäßig ein sittliches, kein rechtliches Urteil aus“. 
  
 
	        
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