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nur über bedingte und befristete Gewalt verfügt”. Darüber s. u. $ 4.
Die Geschäftsordnungen des Delegationssystems müssen sich,
wie es bei allen Ermächtigungen der Fall ist, intra legem, d. h.
hier im Rahmen der gesamten Rechtsordnung bewegen ”®. Dennoch
wird in zahlreichen Fällen gegen diesen Satz verstoßen. So ist
nichtig $ 36 GO. für den deutschen Reichstag, wo bestimmt ist,
daß der Reichstag zu geheimen Sitzungen zusammentreten könne,
weil gegen Art. 22 I RV. verstoßend, soweit damit irgendeine
staatsrechtliche Wirkung ausgesprochen sein soll. Diese fehlt
vielmehr solchen Sitzungen; die dort gefaßten Beschlüsse gelten
nicht mehr als die von irgendwelchen Privatpersonen‘. Rechts-
7? Wauz Ztschr. 130/1 erblickt in der GO. drei Bestandteile: 1. die
Wiederholung von Verfassungsvorschriften (diese ist, wie im Text bereits
gesagt, rechtlich bedeutungslos, ja sogar nichtig); 2. Regelung interner
Angelegenheiten und — beim Zweikammersystem — der Formen des Ver-
kehrs von Kammer zu Kammer (s. o. Note 32); deren Natur charakteri-
siert er dahin, daß ihre „bindende Kraft einzig und allein auf dem Willen
der Mehrheit der jedesmaligen Kammermitglieder* beruhe; 3. Vorschriften,
welche das Verhältnis der Kammern zur Regierung regeln; hier gingen die
Kammern über ihre Kompetenz hinaus, wollten sie allein solche erlassen ;
deshalb bedürfe es der Zustimmung der Regierung; darüber siehe bereits
oben Note 54.
78 Weshalb PERELS 3 und ihm folgend Weiss, Der deutsche Reichs-
tag und seine Geschäftsordnung 1906 S. 9 dies nur auf das VerfR. be-
schränken wollen, ist nicht ersichtlich.
79 So LABAND I 346/7; v. SEYDEL AnnDR. 1880, 417/8; PERELS 33, 37;
ZORN I 244; ARNDT, Die Verfassungsurkunde für Jen preußischen Staat,
7. Aufl. 1911 (zit. VU.) N. zu Art. 79 S. 287; Ders., Verfassung des Deut-
schen Reichs, +. Aufl. 1910 (zit. RV.) N. 2 zu Art. 22 8.182; Ders. StaatsR.
137 ;, DAMBITSCH, Die Verfassung des Deutschen Reichs 1910 S.419/20.— A. M.
G. MEYER 453 N. 24; SCHULZE D. II 85; wohl auch AnscaÜrz N. 241. f. bei
G. MEYER a.a. O.; JELLINEK Schr. II 264 (vgl. aber S. 253). Letztere berufen
sich darauf, daß Abs. II RV.22, wenn von wahrheitsgetreuen Berichten über.
Verhandlungen in den öffentlichen Sitzungen gesprochen wird, die
Möglichkeit von geheimen anerkennt und damit zuläßt. Dann wäre aber
nicht einzusehen, weshalb dies nicht schon im Abs. I („Die Verhandlungen
des Reichstages sind öffentlich‘) geschehen ist. Den Gegensatz zu den
öffentlichen Sitzungen des Reichstags bilden vielmehr die nichtöffentlichen
der Kommissionen und Abteilungen (so LABAND a. a. O.).