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eben darin, daß Herrschaft eine besonders geartete Gewalt ist.
„Jeder Macht kann sieh der Unterworfene entziehen, nur der
Herrschermacht nicht. Jeder andere Verband kann ausstoßen,
der herrschende Verband kann aus ursprünglicher Macht im Ver-
bande festhalten“''”. „Dem Imperium kann heut niemand, auch
nicht der Heimatlose, entfliehen, es sei denn, daß er ın die Wüste
oder in die Nähe der Pole flüchte“ '. Derartige überragende
Gewalt aber fehlt der Sondergewalt, der einfachen Gewalt. Staats-
gewalt und Sondergewalt berühren hiernach einander, indem bei-
den gemeinsam ist: Ueberordnung einer Person über andere.
Getrennt werden sie nur durch die Eigenschaft der Unwidersteh-
lichkeit”. — Die Erklärung der Parlamentsgewalt, deren Vor-
handensein nicht geleugnet werden kann und daher nicht nach-
gewiesen zu werden braucht, bietet scheinbar größere Schwierig-
keiten, da hier die nach der soeben gegebenen Definition erforder-
liche übergeordnete Person entweder nicht sofort ersichtlich
oder überhaupt nicht vorhanden ist. Denn den Teilorganen ist,
wie wir sahen, das Gesamtorgan übergeordnet, entweder allein
15 JELLINEK allgStL. 415/6. Der zuletzt zitierte Satz deckt sich in
gewisser Beziehung mit dem von Rosın a. a. O. 269 Gesagten: „Darin
also liegt das Wesen der rechtlichen Ueber- und Unterordnung der Per-
sönlichkeit, oder wie wir schon jetzt sagen können, der Herrschaft einer
Persönlichkeit über die andere, daß die erstere den rechtlichen Grund für
die Bestimmung der letzteren in sich selbst findet, die erstere den Willen
der letzteren aus eigener Macht zu bestimmen berechtigt ist“. Vgl.
auch daselbst S. 298.
116 JELLINEK a. a. O.
117 Ws ist interessant. darauf hinzuweisen, daß Rosın a. a. O. S. 269
bei der Entwicklung des Herrschaftsbegriffs die Willensmacht einer Per-
sönlichkeit über eine andere als die Fähigkeit bestimmt, „den Willen der
letzteren dem Inhalt des eigenen Willens gemäß zu bestimmen‘, also fast
in der gleichen Weise, wie die Gewalt von GRIMM definiert wird. Hierin
zeigt sich, wie nah beide Begriffe von einander sind. Und auch wir, wenn
wir Gewalt Ueberordnung einer Persönlichkeit über eine andere nennen,
geben damit Worte von Rosın a. a. O. 269, 298 wieder; nur daß er eben
Herrschaft darunter versteht.
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