Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 32 (32)

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müssen. Dies ist an sich durchaus möglich. Unmöglich aber ist 
die Annahme, daß ın diesem Fall bereits in einer Willens- 
erklärung eines Organes die Staatswillenserklärung vorhanden 
sei. Diese kommt vielmehr erst durch die Vereinigung der 
Erklärungen beider Organe zustande. Die beiden Willenserklä- 
rungen vereinigen sich, und es entsteht dadurch etwas ganz Neues: 
die Staatswillenserklärung. Die Folge davon ist, daß die Willens- 
erklärung jedes einzelnen gesetzgebenden Organs juristisch 
vernichtet wird. Sobald ein Reichsgesetz vorhanden ist, 
liegt nicht außerdem noch eine Erklärung des Bundesrates und 
eine solehe des Reichstages vor, sondern beide sind in der Reichs- 
willenserklärung untergegangen; sie sind konsumiert. 
Hieraus geht hervor, daß der Sanktionsbeschluß des Bundes- 
rates an sich noch keine Reichswillenserklärung sein kann. Ins- 
besondere kann m. E. nicht die Anschauung vertreten werden, 
daß der Bundesrat allein den Gesetzesbefehl erteile. Ein Befehl, 
d.h. die Richtung des Gesetzes nach vorwärts gegen die Unter- 
tanen kann nur dann in einer Erklärung liegen. wenn sie den 
Staatswillen unmittelbar repräsentiert. Iaher kann derselbe 
erst in dem Augenblick als vorhanden gedacht werden, in dem 
eine Staatswillenserklärung, ein Gesetz vorliegt. Der Sanktions- 
beschluß des Bundesrates. der an sich nur eine Erklärung des 
Bundesrates ist. kann eben deshalb keinen Befehl enthalten. So- 
bald aber die Vereinigung der beiden getrennten Willenserklä- 
rungen des Bundesrates und Reichstages stattgefunden hat, ist 
keine Bundesratserklärung mehr vorhanden, weil dieselbe im Ge- 
setz untergegangen ist. 
Die Vorstellung ist also unvollziehbar, daß das Reich den 
Bundesrat als dasjenige Organ aufgestellt habe, das den Gesetzes- 
befehl zu erteilen habe, weil der Befehl sich nıemals von der 
Willenserklärung trennen läßt, die Reichswillenserklärung aber 
nicht durch den Bundesrat allein, sondern durch den Bundesrat 
und Reichstag erfolgt. Das Reich spricht also den Gesetzesbefehl
	        
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