Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 32 (32)

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Der Begriff der Disziplinarstrafe teilt also alle Merkmale des 
Begriffs der kriminellen Strafe. Diese wird definiert als „das 
Uebel, das der Strafrichter gegen den Verbrecher wegen des Ver- 
brechens verhängt, um das gesellschaftliche Unwerturteil über 
“133 Die Disziplinar- 
Tat und Täter zum Ausdruck zu bringen 
strafe kann in Anlehnung daran als das Uebel bezeichnet werden, 
welches der Träger einer Sondergewalt gegen den Verletzer einer 
Sonderpflicht wegen des darin enthaltenen Vergehens verhängt, 
um das Unwerturteil des Sonderrechtskreises über Tat und Täter 
auszudrücken. Darin liegt der sog. Pönalcharakter der Disziplinar- 
strafe '?°, 
Die kriminelle Strafe ergreift im einzelnen Leib, Leben, Ver- 
mögen, Freiheit, Ehre. Als Hauptstrafe an der Ehre kennt 
das deutsche Strafgesetzbuch nur den Verweis. Seine Anwen- 
dung ist freilich auf Vergehen und Uebertretungen Jugendlicher 
in besonders leichten Fällen beschränkt ($ 57 Nr. 4); dennoch 
kann dies an seiner Strafnatur nichts ändern; er greift in das 
Gut der Ehre ein, des guten Rufs im Kreis der Reehtsgenossen. 
Die Disziplinarstrafen treffen im allgemeinen nur Vermögen, Frei- 
heit und vornehmlich die Ehre. 
Hiernach ist als Oberbegriff der Strafe, wenn von Einzel- 
heiten abgesehen wird, zu bestimmen jedes Uebel’, welches 
wegen eines Unrechts in ein Gut des Verletzers eingreift !””. 
134 v, LıszT, Lehrbuch des deutschen Strafrechts, 18. Aufl. 1911 S. 251. 
1?5°5 Heut herrschende Meinung. Reiche Literatur bei LABAnD I 485 
N. 1; HusricH 7 N. 20; 10/12, 10 N. 31; HAENnEL 1 457. Den Pönalcha- 
rakter geben zu LABAND a. a. O.; HUBRICH a. a. O.; G. MEYER 522 N. 18. 
A. M. O. Mayer II 241/2 (poena medicinalis), der später im jur. LitBl. 
1899 73 in seiner Kritik über HUBRICHs Redefreiheit seine Ansicht korri-. 
giert hat. A. M. ferner Bınvıng, Lehrbuch des gemeinen deutschen Straf- 
rechts, besonderer Teil 1905 Bd. II 2, 400 mit wichtigen Argumenten. 
186 Vg]. hierzu NAGLER, Verbrechensprophylaxe und Strafrecht 1911 
S. 130: „Alles, was die Persönlichkeit tilgt oder mindert und darum von 
der Allgemeinheit und dem Betroffenen als lebenswidrig empfunden wird. 
kann darunter fallen“. 
197 Für einen kriminelle und disziplinelle Strafe umfassenden Ober- 
begriff auch AnschUtz Komm. N. II zu Art. 8 8.150; ferner NAwIasKy 29.
	        
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