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auf die parlamentarische Sitte gefallen. Nur einmal kam es in
Preußen im Jahr 1863 zu einem ernsten Konflikt zwischen dem
Ahgeordnetenhaus und der Regierung, in welchem Fall sich aber
letztere ohne Zweifel im Unrecht befand ’”.
Daß Beschwerde beim Staatsoberhaupt zulässig ist, wird all-
gemein anerkannt (s. o. Note 182). Nur wenige Male hebt dies
die deutsche Gesetzgebung ausdrücklich hervor, nämlich die von
Sachsen-Meiningen (VU. Art. 99 V), die von Sachsen-Koburg-
Gotha (GO. $ 82), ebenso Sachsen-Altenburg (G0.$ 55 IV), und
ähnlich Oldenburg (GO. $ 24).
Dies alles gilt für den kontinentalen Parlamentarismus, und
zum Teil auch in den Vereinigten Staaten, wo die Minister frei-
lich nur die Rolle von Zuhörern spielen '”*.
Für England wird
die Frage in der Literatur kaum erwähnt. Dort werden, da das
parlamentarische Regierungssystem gilt, die Minister aus der Zahl
der Parlamentsmehrheit genommen; die übrigen heißen private
members'"; ein Minister, der ausnahmsweise nicht zu den Abge-
ordneten gehört, hat gar kein Recht auf Gehör im Parlament.
Bei den übrigen wird die Unterscheidung zwischen ihrer Minister-
eigenschaft einerseits und ihrer Abgeordnetenqualität andrerseits,
wie es oben geschehen ist, nicht durchgeführt. Sie unterliegen
daher der Disziplinargewalt des Sprechers ın vollem Umfang.
Das ist für das englische Recht scheinbar so selbstverständlich,
daß z. B. das große Werk von MAY die Frage mit keiner Silbe
erwähnt”.
1% Kurze Darstellung bei HugrRicH 443 N. 41; v. RÖNNE-ZoRN I 392/4,
414/5 N. 2; PIERRE I 458.
194 SCHLEIDEN 133; HuBricH 42 N. 19; vgl. auch JELLINEK allgStL. 523.
185 HATSCHEK 1 444; RepuıcH 101 N.1.
196 Kurze Notizen bei SCHLEIDEN I 20; REDLICH 613 Text und N. 1.
An Beispielen fehlt es nicht, wie SCHLEIDEN meint; vgl. REDLICH a. a. O.