Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 32 (32)

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Ordnungsruf als sein „nächster Blutsfreund“ ®*? angesehen wird. 
Denn dieses Argument fällt in nichts zusammen, wenn man sich 
vergegenwärtigt, daß einige Geschäftsordnungen neben dem Ord- 
nungsruf noch einen Verweis kennen. 
Der Ordnungsruf ist, wie gezeigt, eine Ermahnung und Er- 
innerung; letztere insofern er den Abgeordneten darauf auf- 
merksam macht, daß er gegen die parlamentarische Ordnung ver- 
stoßen habe, erstere insofern er von ihm verlangt, sich weiterer 
Ordnungswidrigkeiten zu enthalten. Es kann damit ein tadelndes 
Urteil seitens des zur Ordnung Rufenden verbunden werden; die 
Befugnis dazu folgt aus dem Begriff der Sondergewalt. Der 
Tadel steht aber selbständig neben dem Ordnungsruf; er hat mit 
dem Begriff nichts zu tun®*?”. Es ist daher nicht ganz richtig, 
wenn die Geschäftsordnung für das österreichische Abgeordneten- 
haus im $ 57 A statuiert, daß der Präsident „seine Mißbilligung 
durch den Ruf „„zur Ordnung““ ausspricht“. Der ÖOrdnungsruf 
hat — als Ermahnung und Erinnerung — im Beamtenrecht einen 
„nahen Verwandten“; dieser ist nicht der auch dort bekannte 
Verweis, sondern die Warnung (z. B. RBG. 8 74 °°*; Preuß. Ges. 
betr. die Dienstvergehen der nichtrichterlichen Beamten vom 
21. Juli 1852, GS. 465, $ 15)°° und die „Mahnung“ gegenüber 
den richterlichen Beamten (Preuß. Ges. betr. die Dienstvergehen 
der Richter vom 7. Mai 1851, GS. 218, $ 13). Warnung wie 
Mahnung sind im Beamtenrecht keine Disziplinarstrafen. Für die 
Mahnung erhellt das noch besonders aus $ 14 des letzten Ge- 
setzes: „Erscheint wegen der Schwere des Dienstvergehens eine 
Mahnung dem zuständigen Disziplinargerichte als nicht ausreichend, 
— 
  
22? HeınzE (oben N. 4a) 37, nach dem der Verweis übrigens keine 
Strafe ist. 
243 Vgl. hierzu das oben S. 494 Gesagte; a. M. HAENEL im Reichstag 
am 5. III. 1879. StenBer. 285 r. i. f: „Wir haben ... durch die richtige 
Praxis des Präsidenten eine sehr große Steigerung in dem ÖOrdnungsruf.“ 
24 Vgl. LABAND I 489. 
245 Weitere Nachweise bei G. MEYER 519 N. 7.
	        
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