Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 32 (32)

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schied feststellen können: gemeinsam ist beiden die Feststellung, 
„daß die parlamentarische Ordnung gebrochen sei“. Die Rüge 
ist aber im Gegensatz zum ÖOrdnungsruf notwendig verbunden 
„mit der solennen Erklärung der Mißbilligung“?°. Und das ist 
freilich häufig die Praxis der Parlamente, welche die Rüge nicht 
kennen, welche also das Mittel des Ordnungsrufs zum Ausdruck 
der Mißbilligung benutzen, was aber, wie gesagt, zur Klärung 
des Begriffs nicht beiträgt. 
Klarer wird das Wesen der Mißbilligung, wenn sie mit be- 
sonderen Wirkungen verknüpft ist. Sie sind Veröffentlichung, 
Verlust der Diäten, Ausschließung aus der Sitzung. Die Publika- 
tion ist, da wo sie auf Kosten des Gerügten geschieht wie in 
Frankreich, ein Rechtsnachteil, ein Uebel, welches in ein Gut des 
Verletzers, und zwar genauer in seine Freiheit und sein Vermögen 
eingreift, mithin Strafe, und da sie den Parlamentarier qua Par- 
lamentarier trifft, parlamentarische Disziplinarstrafe; wo der Kosten- 
punkt anders geregelt ist, ein Eingriff nur in die Freiheit — das 
wird niemand leugnen — und somit ebenfalls Strafe, also hier 
Disziplinarstrafe. 
Kritisch betrachtet besitzt dieses Disziplinarmittel einen höchst 
zweifelhaften Wert. Denn es ist unlogischh im Wahlkreis 
des Abgeordneten die Bekanntmachung erfolgen zu lassen, da mit 
dem Wahlakt jedes Band zwischen jenem und den Wählern, wie 
bereits hervorgehoben, zerrissen sein soll. Sehr weise ist daher 
die erwähnte Vorschrift des amerikanischen Senats, nach der ein 
Aushang der gerügten Worte nur im Senat selbst erfolgt „zur 
Erbauung des Senats“. 
Ferner dürfte die Bekanntmachung auch sehr unzweckmäßig 
sein, wenigstens in den Fällen, in denen dadurch ein „Märtyrer- 
267 So richtig HUBRICH 414; ähnlich für das Beamtenrecht LABAnD I 
489; HARSEIM, Art. „Disziplin in v. STENGELs Wörterbuch Ba. I, 1. Aufl. 
1890 S. 269/70.
	        
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